kinotipp der woche
: „Einen Film über diese Leute?“

Das Filmfestival Prenzlauer Berginale präsentiert auf einer DVD elf Dokumentationen über den früheren Arbeiterbezirk

Anarchisch: „Tuba wa duo“ von Jörg Foth (1989,12 Min.) über zwei renitente Tuba-Spieler auf den Dächern Berlins Foto: © DEFA-Stiftung/Thomas Plenert

Es mag schon sein, dass man in der DDR an einem Mangel an Bananen litt, Zigaretten dagegen gab es offensichtlich mehr als genug. Diesen Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man sich die Sammlung von Kurzfilmen anschaut, die im Prenzlauer Berg gedreht wurden und auf einer DVD zum Stadtteil-Filmfestival „Prenzlauer Berginale“ zusammengetragen wurden.

Gerade dass man ständig auf derartige Details aus vergangenen Zeiten stößt, dazu noch aus einem untergegangenen Staat und speziell aus einem Ostberliner Stadtteil, den man kaum wiederzuerkennen vermag, das macht unheimlich viel Spaß bei den elf Dokumentationen. Denn der längst totsanierte Prenzlauer Berg war einmal tatsächlich ein heruntergekommenes Arbeiterviertel. Sich das noch einmal zu vergegenwärtigen löst regelrecht einen Kulturschock aus.

Die Prenzlauer-Berginale-Filme sind schmucklose, weitgehend unbekannte Dokumentationen, die einfach nur den Alltag beobachten, meist ohne groß zu kommentieren, und das reicht völlig aus für interessante Geschichten. Die DVD versammelt Defa-Filme oder Übungen angehender Regisseure an der Filmhochschule, so auch vom mittlerweile längst etablierten Dokumentarfilmer Thomas Heise. Seine Doku „Wozu denn einen Film über diese Leute?“ über Jugendliche im Halbkriminellen-Milieu wurde in der DDR verboten. Dabei gibt es tolle Szenen in dem Film. Etwa wie sich die beiden Brüder mit einem Freund in der Kneipe treffen und der ihnen Aufnahmen der neuesten heißen Scheiben aus dem Westen andrehen will.

Andreas Hartmann

Prenzlauer Berginale Kurzfilme 1965 –2004, DVD, 11,95 €. Zu beziehen u. a. über: www.prenzlauerberginale.berlin