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Kommunalwahl in der UkraineSchlappe für Selenski

Die Partei des Präsidenten, „Diener des Volkes“, ist bei der Kommunalwahl in der Ukraine eingebrochen. Grund könnte zu wenig Professionalität sein.

Die Demonstrierenden neben einem Präsidenten-Banner in Kiew am letzten Donnerstag Foto: Celestino Arce Lavin/imago

Kiew taz | Bei einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von knapp 37 Prozent ist die Partei „Diener des Volkes“ von Präsident Wolodimir Selenski, die im Parlament über eine absolute Mehrheit verfügt, bei den landesweiten Wahlen von Bürgermeistern und Stadträten am Sonntag gescheitert.

In den meisten Städten schafften es die Kandidaten der „Diener des Volkes“ nicht einmal in die Stichwahl. Die großen Gewinner der Wahlen waren amtierende Bürgermeister und regional agierende Parteien.

Daneben konnten insbesondere im Westen des Landes die „Europäische Solidarität“ von Ex-Präsident Petro Poroschenko und russlandfreundliche Kräfte in Odessa und dem Osten des Landes Zugewinne verzeichnen. In Kiew muss sich Ex-Box Weltmeister Vitali Klitschko mit 46 Prozent im ersten Wahlgang in einer Stichwahl dem Kandidaten des russlandfreundlichen „Oppositionsforums für das Leben“ stellen.

Auch in Odessa muss sich Amtsinhaber Gennadi Truchanow in eine Stichwahl gegen Mikola Skorik von der „Oppositionsplattform für das Leben“ begeben. Zu den Verlierern gehören auch rechtsradikale und nationalistische Parteien. So rangiert die nationalistische „Swoboda“ in einer ihrer bisherigen Hochburgen, Lemberg, gerade einmal auf dem vierten Platz, während sie 2015 noch die Mehrheit im Stadtrat hatte erringen können.

Lieber vertraute Gesichter

Inhaltlich hatten vor allem Fragen der regionalen Infrastruktur eine Rolle gespielt. Und bei ihrer Wahlentscheidung setzten dieses Mal die WählerInnen lieber auf ihnen vertraute Amtsinhaber als auf neue Gesichter.

Ein Grund für den Sieg Klitschkos in Kiew sieht Politologe Wolodimir Fesenko in dessen Professionalität. Und die scheint den KandidatInnen der „Diener des Volkes“ vielfach zu fehlen. Diese, so das Internetportal „vesti.ua“, hätten nach den Wahlen von 2019 eigentlich genug Zeit gehabt, um eine normale Parteiarbeit aufzubauen. Doch wer mit No-Name-Kandidaten und nach einem Franchising-System arbeite, so vesti.ua, bringe keine eigene regionale Agenda zu Wege.

Zu Irritationen hatte der Aufruf des ungarischen Außenministers Péter Szijjártó für eine Wahl der „Partei der Ungarn in der Ukraine“ geführt. Dies sei eine präzedenzlose Missachtung eines ausländischen Staates durch ein Mitglied der Europäischen Union, beklagte sich die Abgeordnete Ivanna Klimpusch-Zindsadse auf ihrer Facebook-Seite.

Zwar haben die Wahlen zahlreiche Provinzfürsten mit einem neuen Mandat ausgestattet. Von landesweiter Bedeutung ist jedoch vor allem die gestärkte Position von Poroschenkos „Europäische Solidarität“ im Westen und dem Zentrum sowie der russlandfreundlichen Kräfte in Odessa und dem Donbass. Ihnen wird zugutekommen, dass bei den nächsten Parlamentswahlen erstmalig nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden wird.

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1 Kommentar

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  • Eine Klatsche für die Banderisten. Super! Ansonsten mehr so "same shit, different asshole".