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Seid verschlungen, Millionen!

Trotz Schuldenbremse darf Bremen 1,2 Milliarden Euro auf Pump ausgeben, um die Corona-Pandemie zu bewältigen, sagen zwei Gutachter. Bald profitieren davon wird die Veranstaltungs­branche

Auch der weite leere „Freipark“ gehört zu den Verlierern der Krise Foto: Jan Zier

Von Jan Zier

Mit gleich zwei wissenschaftlichen Gutachten hat sich der rot-grün-rote Bremer Senat seine gegenwärtige Finanzpolitik absegnen lassen. Selbst die FDP-Opposition sieht sich durch die Gutachten in ihrer Haltung zum sogenannten „Bremen-Fonds“ bestätigt: Sie mahnt die zweckgebundene Verteilung der Mittel an, kritisiert die Neuverschuldung durch den Fonds aber nicht grundsätzlich.

Der stellt in diesem und im kommenden Jahr kreditfinanzierte 1,2 Milliarden Euro zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie in Bremen bereit. Und er ist angesichts „der außergewöhnlichen Notsituation“ durchaus mit der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse vereinbar. Zu diesem Ergebnis kommt der Münchner Jura-Professor Stefan Korioth, der die Bremer Landesregierung schon früher beraten hatte. Die zweite Studie – sie stammt von Wirtschaftsprofessor Jens Südekum vom Institut der deutschen Wirtschaft – soll mittel- und langfristige Maßnahmen „zum Neustart nach der Pandemie“ aufzeigen; Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sprach in diesem Zusammenhang von einer „Modernisierungsoffenive“.

Bremen sei „wirtschaftlich schwer getroffen“ von der aktuellen Krise, und das Südekum-Gutachten bestätigt ihm das: Eine aktuelle Unternehmensbefragung bei 270 Firmen zeige, dass die Umsätze im laufenden Jahr im Schnitt um knapp einem Drittel unter dem Vorjahresniveau liegen werden. Im für Bremen wichtigen Fahrzeugbau liegen die Umsatzrückgänge aber beispielsweise bei 58 Prozent. Der Beschäftigungsrückgang in dieser Branche fällt mit knapp sechs Prozent aber geringer aus als etwa im Maschinenbau, wo er auf fast 15 Prozent beziffert wird. Zudem ging der Einzelhandelsumsatz in Bremen von April 2019 bis April 2020 um 17 Prozent, bundesweit aber nur um fünf Prozent zurück.

„Neue Kredite aufzunehmen, ist in der aktuellen Notsituation zulässig und unverzichtbar“, sagt der grüne Finanzsenator Dietmar Strehl, gegen die Krise anzusparen wäre „unverantwortlich“. Der Bremen-Fonds sei aber „kein Nebenhaushalt“ und darf auch nicht der Bildung von Rücklagen dienen. Kredite soll es ausschließlich für Maßnahmen geben, die „die Handlungsfähigkeit des Staates erhalten“ und die unmittelbaren Folgen der Pandemie kompensieren, wie es heißt. Auch coronabedingte Steuerausfälle – etwa bei der Gewerbesteuer – deckt der Bremen-Fonds ab, so Strehl. Mittel des Bundes oder der EU seien aber vorrangig auszugeben, sagt der Gutachter.

Bovenschulte will einen „Lasten-ausgleich“, der nicht „Reichensteuer“ heißen soll

Dafür gibt es nun vier ressortübergreifende Arbeitsgruppen, die nun konkrete Maßnahmen erarbeiten sollen. Dabei solle es Schwerpunkte in den Bereichen „Digitalisierung“, „Qualifikation/Bildung“ oder „Wissenschaft und Technologie“ geben. Als kurzfristige Hilfe bereits beschlossen wurde gestern, dass die örtliche Veranstaltungsbranche mit rund 2,8 Millionen Euro unterstützt werden soll, bis zu 25.000 Euro sollen im Einzelfall gezahlt werden.

Bei der Frage, wie all diese Kredite dereinst zurück gezahlt werden sollen, setzt Bovenschulte auf einen „Lastenausgleich“, den er nicht als bloße „Reichensteuer“ missverstanden wissen will. Ohne einen solchen „Lastenausgleich“ sei ein weiteres „Auseinanderdriften der Lebensverhältnisse“ zu befürchten, so Bovenschulte.

Nicht positionieren will sich der Bremer Senat bei der neu aufflammenden Frage, ob nicht die nun qua Not erst einmal ausgehebelte Schuldenbremse nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden sollte. Das sei „ein sehr komplexes Thema“, sagt Strehl. „Wir treiben diese Diskussion nicht voran“, sagt Bovenschulte, der „die Hoffnung dämpfen“ möchte, dass die Schuldenbremse eh bald wieder abgeschafft wird.

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