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Flüchtlingspolitik in ItalienProzess gegen Salvini beginnt

Vorwurf: Freiheitsberaubung. Weil er 131 Geflüchtete tagelang nicht an Land ließ, muss sich Italiens Ex-Innenminister vor Gericht verantworten.

Erfreut über die lautstarke Unterstützung seiner Anhänger*innen: Matteo Salvini Foto: reuters

Rom taz | Mit dem ersten Tag der Voranhörung hat am Samstag der Prozess gegen Matteo Salvini begonnen. Der Chef der rechtspopulistischen Lega muss sich in Catania wegen Freiheitsberaubung in 131 Fällen verantworten. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.

In seiner Zeit als Innenminister hatte Salvini im Juli 2019 mehrere Tage lang verhindert, dass ein Schiff der italienischen Küstenwache mit 131 Geflüchteten an Bord in einen Hafen einläuft. Fast eine Woche lang waren die Menschen gezwungen, in der Hochsommerhitze auf dem Deck des Schiffes ausharren.

Salvinis Vorgehen in der damaligen Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega war Bestandteil seiner Politik „geschlossener Häfen“: Rigoros verweigerte er in seiner Amtszeit von Juni 2018 bis August 2019 NGO-Rettungsschiffen in Italien anzulegen – zweimal sogar der italienischen Küstenwache. Es gehe im darum, die „Invasion“ Geflüchteter und die Machenschaften der Schleuser zu stoppen, erklärte er damals.

Dem Ex-Innenminister brachte das diverse Ermittlungsverfahren ein. Weil die damalige Regierung seine Immunität verteidigte, kam er bisher davon. Seit September 2019 regiert die Fünf-Sterne-Bewegung allerdings nicht mehr mit der Lega, sondern mit der gemäßigt linken Partito Democratico. Gemeinsam stimmten die Parteien im jetzt verhandelten Fall für die Aufhebung von Salvinis Immunität.

Auch Salvinis Nachfolgerin soll in den Zeugenstand

Am Samstagmittag verkündete der zuständige Richter, dass die Voranhörung an zwei weiteren Terminen im November und Dezember fortgesetzt werden soll. Vorab hatte die Staatsanwaltschaft die Position eingenommen, Salvini sei lediglich seinen Amtspflichten nachgegangen und hatte gemeinsam mit der Verteidigung gefordert, das Verfahren einzustellen.

Für die beiden kommenden Anhörungstage sind Vernehmungen des damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio sowie der damaligen Minister*innen für Verkehr und Verteidigung vorgesehen.

Auch Luciana Lamorgese, Salvinis Nachfolgerin im Innenministerium, soll in den Zeugenstand. Der Richter will anscheinend überprüfen, inwiefern die „Politik der geschlossenen Häfen“ von der ersten zur zweiten Regierung Conte ganz ohne Salvinis Einfluss fortgeführt wurde. Auch in den vergangenen Monaten verweigerte die italienische Regierung Schiffen mit Geretteten an Bord immer wieder über Tage hinweg die Zuweisung eines Hafens.

Solidarität von ganz rechts

Gefreut haben dürfte Salvini die Solidarität seiner Anhänger*innen und rechten Allianzpartner. Vor dem Gericht demonstrierten Sympathisant*innen mit Parolen wie „Macht uns allen den Prozess!“ und „Stoppt die Invasion!“.

Giorgia Meloni, Chefin der rechtsextremen „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“), war extra nach Catania angereist, ebenso wie Antonio Tajani von der Berlusconi-Partei Forza Italia. „Monströs“ sei das Verfahren, befand Meloni, Italien drohe die Errichtung eines „Regimes“.

Salvini selbst ist der Meinung, über seine Taten könnten nicht die Richter, sondern nur die Wähler*innen entscheiden. Außerdem, so seine Verteidigungslinie, habe er ja keineswegs isoliert gehandelt, sondern im Einverständnis mit dem Ministerpräsidenten und den anderen Kabinettsmitgliedern.

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