Coronaschutz bei Ende Gelände: Anwalt als Treuhänder
Das Bündnis „Ende Gelände“ muss wegen Corona bei Baggerblockaden die Daten der Teilnehmer erfassen. Es hat dafür eigene Verfahren entwickelt.
An diesem Wochenende organisiert Ende Gelände im rheinischen Braunkohlerevier Aktionen zivilen Ungehorsams. Man will Bagger, Schienen und Gaspipelines blockieren, um gegen die Verstromung fossiler Energieträger zu protestieren. Mehrere tausend Personen verteilen sich auf neun dezentrale Camps.
Da es sich um die ersten Klima-Camps seit Ausbruch der Pandemie handelt, haben sich die Aktivisten ein ausgefeiltes Hygienekonzept mit der Möglichkeit anonymer Rückverfolgung überlegt. Dabei bekommt jeder Teilnehmer eine fünfstellige Corona-ID, die auf einem Armbändchen steht.
Bei jeder gemeinsamen Aktivität, von der Baggerbesetzung bis zur Küchenarbeit im Camp, werden die Corona-IDs der Beteiligten notiert, nicht aber die Art der Aktivität. Später sollen die Teilnehmer regelmäßig mit ihrer Corona-ID auf einer Webseite anonym abfragen, ob sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten.
Kontaktdaten erforderlich
Das aufwändige System genügte den NRW-Behörden jedoch nicht. Sie verlangten, dass zusätzlich die Kontaktdaten, also Namen, Adressen, Telefonnummern und Mailadressen aller Teilnehemer erfasst werden, damit das Gesundheitsamt Kontaktpersonen von Infizierten benachrichtigen kann. Dagegen klagte Ende Gelände bis zum Oberverwaltungsgericht Münster, das die Auflage jedoch bestätigte.
Um das Aktionswochenende zu retten, akzeptierte Ende Gelände die Auflagen, versucht sie jedoch mit einem „Treuhand-System“ umzusetzen. Die Kontaktdaten werden nun von einem „sehr solidarischen“ Kölner Anwalt in verschlüsselter Form verwahrt. Sie werden nur an Gesundheitsämter herausgegeben. Eine Beschlagnahme durch die Polizei wäre, so das Legal Team der Aktion, nur mit richterlichem Beschluss und nur bei „schweren Straftaten“ möglich.
„In aller Regel werden uns allerdings nur leichte Vergehen vorgeworfen, wie etwa Hausfriedensbruch“, heißt es auf der Webseite von Ende Gelände, deshalb sei eine Beschlagnahme der Daten „extrem unwahrscheinlich“. Sicherheitshalber wird auch ermahnt: „Wenn ihr euch an den Aktionskonsens haltet, wird dies relativ sicher nicht passieren.
Kontrollen in Aachen
Im Aachener Camp hatte es am Donnerstag abend Kontrollen gegeben. Nach Darstellung von Ende Gelände waren mehrere hundert Polizisten beteiligt. Es sei eine Räumung des Camps angedroht worden, wenn die Kontaktdaten nicht vollständig erfasst werden. „Oft hatten wir nur eine Email oder eine Telefonnummer, die Polizei wollte aber, dass wir beides erfassen“, sagte Ende Gelände-Sprecherin Paula Eisner. In einer Nachtschicht habe man dann die Daten der über 300 Camp-Teilnehmer vervollständigt. Am Freitag morgen zeigten sich Polizei und Gesundheitsamt zufrieden. Die Daten blieben aber bei den Organisatoren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen