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Preis mit Kontroversen

Sexualisierte Gewalt und Proteste gegen einen Preisträger: Immer wieder stand der Literaturnobelpreis in den letzten Jahren in der Kritik.

Im Jahr 2018 wurde die Preisverleihung ausgesetzt, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Akademie wieder herzustellen

Von Linda Gerner

Eine große feierliche Verleihung des Literaturnobelpreises wird es aufgrund der Coronapandemie dieses Jahr nicht geben. Vielleicht ist das der schwedischen Akademie ganz recht, denn in den letzten Jahren gab es vermehrt Kontroversen rund um die renommierte Literaturauszeichnung.

Die wohl bemerkenswerteste Konsequenz: Im Jahr 2018 wurde zunächst kein Preis vergeben. Der Hintergrund waren schwere Vorwürfe gegen Jean-Claude Arnault, den Ehemann von Akademiemitglied Katarina Frosten, wegen sexualisierter Gewalt im Rahmen der #MeToo-Bewegung. Im November 2017 beschuldigten 18 Frauen aus dem Umfeld der Nobelpreisakademie Arnault sexueller Übergriffe. Ende 2018 wurde er dann wegen Vergewaltigung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Besonders schwerwiegend für die schwedische Akademie war in diesem Zusammenhang auch, dass das Paar Arnault/Frosten beschuldigt wurde, Namen von Nobelpreisträger*innen im Vorfeld der Verleihungen ausgeplaudert zu haben. Das ist angesichts der Wetten, die jedes Jahr auf die Preisträger*innen abgeschlossen werden, ein lukratives Geschäft. Im Zuge der Aufklärung musste die Juryvorsitzende Sara Danius gehen. Die schwedische Akademie verkündete, die Preisvergabe in dem Jahr auszusetzen, „um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Akademie wieder herzustellen, bevor der nächste Preisträger verkündet werden kann“. Das erklärte damals der Interimsvorsitzende Anders Olsson.

Im vergangenen Jahr wurden dann gleich zwei Preisträger*innen bekannt gegeben: Die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk erhielt rückwirkend den Preis für das Jahr 2018. Für diese Ehrung gab es breite Zustimmung, leider stand sie jedoch weniger im Fokus der Berichterstattung. Denn den Literaturnobelpreis 2019 erhielt der österreichische Schriftsteller und Übersetzer Peter Handke. Diese Entscheidung sorgte für Kontroversen und Proteste. Der Österreicher hatte sich im Jugoslawienkonflikt stark mit Serbien solidarisiert und nach Ansicht seiner Kritiker*innen serbische Kriegsverbrechen bagatellisiert. Auch seine Nobelpreis-Dankesrede wurde von vielen Seiten kritisiert, da sich der Autor nicht zu den Vorwürfen gegen seine Person äußerte.

Der erste Nobelpreis für Literatur wurde 1901 an den französischen Poeten Sully Prudhomme vergeben. Seitdem haben 117 Autor*innen ihn erhalten, darunter 15 Frauen. Louise Glück ist die 16. weibliche Trägerin des Preises. Zwei Autoren lehnten den Nobelpreis bisher ab: 1958 musste der sowjetische Autor Boris Pasternak den Preis auf Druck seiner Regierung zurückweisen. 1964 weigerte sich der Franzose Jean-Paul Sartre, die Auszeichnung anzunehmen. Er wollte seine Unabhängigkeit bewahren.

Kritik an der Auswahl der bisherigen Preisträger*innen gibt es immer wieder, da der hochdotierte Preis – in diesem Jahr liegt das Preisgeld bei rund 950.000 Euro – bisher vornehmlich an Autor*innen aus dem nord- und mitteleuropäischen Sprachraum verliehen wurde. Bislang wurden auch wenige Schwarze Autor*innen mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.

Die Würdigung der Nobelpreisträger*innen findet traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamiterfinder Alfred Nobel, statt. Statt einer prunkvollen Preiszeremonie, auf der die Geehrten ihre Medaillen und Diplome erhalten, wird es in diesem Jahr eine Vergabe im Rathaus von Stockholm geben. Diese soll im Fernsehen übertragen werden. Die Preisträger*innen werden aus ihrer Heimat zugeschaltet. (mit dpa, afp)

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