Fossile Rohstoffe und Klimawandel: Öl bleibt Öl
Bei Ölkonzernen ist es gerade en vogue, Klimaschutzpläne zu schmieden. Expert*innen haben indes nachgewiesen, dass sie weiter in fossile Rohstoffe investieren.
Nun ist Looney der Chef des britischen Ölmultis BP, der rund 280 Milliarden Dollar Umsatz mit fossilen Rohstoffen macht. Der Satz war trotzdem kein Witz, er sollte illustrieren, dass der Konzern es ernst meint mit neuen Geschäftsfeldern jenseits von Öl- und Gasförderung. Vergangene Woche legte BP als erster Konzern seiner Branche mit der Vermutung nach, dass der globale Ölverbrauch 2019 sein historisches Maximum erreicht habe und nach Corona unweigerlich sinken könnte.
BP ist nur das jüngste Beispiel im Bemühen vor allem europäischer Öl- und Gaskonzerne, so etwas wie Klimaschutzpläne aufzustellen. Wie ernst die gemeint sind, hat die amerikanische NGO Oilchange International nun erstmals systematisch untersucht. Und obwohl einige Konzerne tatsächlich – wie eben BP, die italienische Eni oder auch die spanische Repsol – erste Schritte machen, ist das Ergebnis ernüchternd. „Der Beste unter den Schlechtesten zu sein ist nicht gut.
Es gibt absolut nichts zu feiern“, sagt die Mitautorin der Studie, Hannah McKinnon, der taz. Selbst die weniger Ambitionierten lassen sich überall Schlupflöcher offen: BP und Repsol versprechen zwar, bis 2050 klimaneutral zu sein, doch BP nimmt seinen Anteil an der russischen Rosneft einfach komplett aus. Repsol behält sich ebenfalls noch ein paar fossile Kraftwerke vor.
Konzerne investieren weiter in Öl und Gas
Equinor, Shell und Total wollen lediglich die CO2-Intensität ihrer Produkte senken, es soll also irgendwie weniger CO2 pro Öl- oder Gaseinheit in die Atmosphäre gelangen. Katastrophal sind die US-Konzerne, die keinerlei Klimaziele haben.
Staatskonzerne aus Russland, China oder den Golfstaaten sind in der Untersuchung nicht enthalten, weil nicht oder nur teilweise am Kapitalmarkt notierte Konzerne wesentlich intransparenter sind. Von Klimaschutzambitionen ist dort allerdings ohnehin nichts bekannt, sagt Studienautorin McKinnon.
Statt weniger Öl und Gas wollen die untersuchten Konzerne sogar kräftig weiter in die Erschließung neuer Quellen investieren. Obwohl allein die erschlossenen Ölvorräte ausreichen, um das Weltklima um mehr als 1,5 Grad aufzuheizen, die Emissionen aus Kohle und Gas nicht mitgerechnet. Untersuchungen der norwegischen Analysefirma Rystad Energy zeigen, dass allein ExxonMobil nach derzeitigen Investmentplänen seine Ölproduktion bis 2030 um 50 Prozent erhöhen könnte, BP um 8 Prozent, sollte das Unternehmen seine neuen Klimapläne nicht umsetzen.
Die Investitionen in den Öl- und Gassektor könnten sich bald, ähnlich wie zuvor im Kohlebereich, als Stranded Assets, also wertlose Geldanlagen erweisen. Der britische Thinktank Carbon Tracker warnte kürzlich, dass die Konzerne in ihren Analysen für mehr Ölverbrauch maßgeblich auf eine Ausweitung der Plastikproduktion setzen, ein möglicherweise 400 Milliarden Dollar schwerer Irrtum. McKinnon fordert ein staatliches Eingreifen: Keine neuen Förderlizenzen mehr und ein Ende der Subventionen für fossile Energien. „Es muss viel mehr viel schneller passieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
Humanitäre Lage im Gazastreifen
Neue Straßen für Gaza – aber kaum humanitäre Güter
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Demokratie unter Beschuss
Dialektik des Widerstandes