: Was will diese Frau?
Im SPD-Lager von Franziska Giffey bereitet man sich auf einen „klaren Cut“ für die Zeit nach der Wahl im September nächsten Jahres vor. Gut möglich aber, dass die Familienministerin schon vorher ranmuss
Von Uwe Rada
Wer wird die SPD im kommenden Jahr in den Wahlkampf führen? Seit Januar scheint diese Frage eigentlich beantwortet. Nachdem Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, den Regierenden Bürgermeister Michael Müller als Landesvorsitzenden abgelöst haben, wird Giffey zur Spitzenkandidatin gekürt. So weit die Theorie.
Die Praxis ist komplizierter. Denn sie hat damit zu tun, ob Giffey nicht nur als Spitzenkandidatin, sondern bereits als Regierungschefin in den Wahlkampf ziehen, Müllers Nachfolge also schon vor der Wahl antreten will. Bislang sieht es nicht danach aus: „Giffey will keine Probleme erben“, heißt es aus ihrem Lager. Das böte die Möglichkeit, nach der Wahl einen „klaren Cut zu machen“.
Wie ein solcher Cut aussehen könnte, hat sich bereits angedeutet. Nachdem Müller angekündigt hat, für den Bundestag kandidieren zu wollen, haben auch Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und Bildungssenatorin Sandra Scheeres ihren Rückzug angekündigt. Auch Finanzsenator Matthias Kollatz schwimmen die Felle davon. In der Partei wird gemunkelt, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Torsten Schneider, habe ein Auge auf dessen Amt geworfen. Selbst Andreas Geisel muss sich Sorgen machen, denn das Amt des Innensenators wäre wohl die Krönung der politischen Laufbahn von Raed Saleh.
So weit die Personalüberlegungen, die sich bis in den Dezember ziehen dürften. Denn auf dem Parteitag am 31. Oktober soll zunächst nur der neue Landesvorstand gewählt werden. Spannend wird es dann am 19. Dezember, wenn erst über die Listenplätze für den Bundestag abgestimmt wird und dann Giffey zur Spitzenkandidatin gekrönt werden soll.
Entscheidend dabei wird sein, welchen Listenplatz Michael Müller einnimmt. Sollte die SPD nur noch vier Bundestagsmandate bekommen, könnte das bei einem möglichen Direktmandat in Spandau bedeuten, dass nur drei Listenplätze sicher sind. Bekannt ist, dass sowohl Müller als auch Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert in den Bundestag wollen.
Sollte die SPD zudem entscheiden, dass die Liste mit einer Frau beginnt (gesetzt ist hier Cansel Kiziltepe aus Friedrichshain-Kreuzberg), würde es für Kühnert und Müller nicht reichen. Aber auch, wenn die Liste mit einem Mann beginnt, ist nicht sicher, wer diesen Platz einnehmen wird. Alle Versuche, sich mit Kühnert abzusprechen, sind offenbar gescheitert.
Es könnte also gut sein, dass Müller am 19. Dezember leer ausgeht. Wird er dann auch als Regierungschef zurücktreten? Das sei nicht geplant, heißt es aus seinem Lager. Aber es könne sich natürlich die Situation ergeben, dass Giffey früher ranmuss als geplant. Und das soll wohl heißen: Wählt mal schön alle Müller auf Platz eins, sonst folgen dem 19. Dezember wieder mal Chaoswochen in der Berliner SPD. Dazu könnten dann auch vorgezogene Neuwahlen gehören.
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