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Klimawandel weckt Appetit auf mehr Gewalt

Forscher zeigen, dass der Klimawandel zukünftig für mehr Konflikte auf der Welt sorgen wird.

„Ein Tag mit Temperaturen über 32 Grad hat einen größeren Effekt auf das Wohlbefinden, als geschieden oder verwitwet (im Vergleich zu verheiratet) zu sein“

Journal of Happiness Studies

Von Christian Mihatsch

Hitze ist tödlich. Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass allein in Berlin im Jahr 2018 knapp 500 Menschen wegen der damaligen Hitzewelle gestorben sind. Das sind pro 100.000 Berliner 12 Menschen. Insbesondere für sehr alte Personen kann Hitze lebensgefährlich sein.

Ursachen für einen hitzebedingten Tod seien Herz-Kreislauf-Störungen, Nierenversagen, Atemwegserkrankungen und Schlaganfälle. Es gibt allerdings noch eine weitere Todesursache, die bei Hitze gehäuft vorkommt: Mord. Eine Studie aus Südafrika zeigt, dass mit jedem Grad die Mordrate um 1,5 Prozent steigt. Noch schlechter können Finnen mit hohen Temperaturen umgehen. Dort steige demnach die Mordrate sogar um 1,7 Prozent mit jedem zusätzlichen Grad Celsius.

Hitze macht Menschen aggressiv. Bei Demonstrationen „kommt es öfter zu Gewalt, wenn es wärmer ist“, zeigt etwa eine andere Studie, in der insgesamt 7.000 Demonstrationen in den USA ausgewertet wurden. Auch die Zahl der Selbstmorde liegt bei warmem Wetter höher als bei kaltem, wie ein 12-Länder-Vergleich zeigt, der auch asiatische Länder umfasst. Für die Mitglieder von Drogenkartellen in Mexiko steigt ebenfalls die Gefahr ihrer Tätigkeit mit der Temperatur. Der „Appetit auf Gewalt“ nehme zu, resümieren die Autoren einer anderen Studie.

Selbst der gemeine Verkehrsteilnehmer sieht sich bei steigenden Temperaturen zusätzlicher Aggressivität ausgesetzt: Es gebe einen „linearen Zusammenhang zwischen Hupen und steigenden Temperatur“. Besonders hupfreudig seien Fahrer mit offenem Fenster, zeigt eine Studie aus der US-Großstadt Phoenix in der Sonora-Wüste.

Selbst Journalisten sind nicht immun gegenüber der Auswirkungen von steigender Hitze. Bei den Olympischen Spielen in Peking im Jahr 2008 wurde die Sprache von US-Journalisten analysiert. Mit steigender Hitze und zunehmender Luftverschmutzung benutzten die US-Kollege auch immer mehr „negative Wörter“, so eine weitere Studie. „Die Resultate liefern einen Hinweis, dass die Entscheidungen von Journalisten von einer größeren Vielfalt an Faktoren beeinflusst sein könnten als ursprünglich gedacht.“

Während der Zusammenhang zwischen Temperatur und Aggressivität gut dokumentiert ist, besteht noch grundsätzlicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Ursache für diesen Zusammenhang. Vielen Menschen verdirbt warmes Wetter offensichtlich die Laune. „Ein Tag mit Temperaturen über 32 Grad hat einen größeren Effekt auf das Wohlbefinden, als geschieden oder verwitwet (im Vergleich zu verheiratet) zu sein“, zeigt ein Artikel aus dem Journal für Glücklichkeitsstudien (Journal of Happiness Studies). Umgekehrt müsste es uns also im Winter am besten gehen: „Niedrige Temperaturen erhöhen die Zufriedenheit und reduzieren Müdigkeit und Stress.“

Ein Grund dafür könnte der Botenstoff Serotonin sein, wie die Studie über die Aggressivität der Finnen zeigt. Dieser Botenstoff reguliert unter anderem den Blutdruck, die Wahrnehmung, den Schlaf und auch die Temperaturregulierung des Körpers. Außerdem sorgt Serotonin für gute Laune: Der Stoff erzeugt ein Gefühl der Gelassenheit, der inneren Ruhe und Zufriedenheit. Wie viel Serotonin der Körper produziert, hängt allerdings vom Wetter ab. Im Juli ist die Serotoninproduktion am niedrigsten und im Februar am höchsten.

Vor dem Hintergrund der Klimakrise lässt dies wenig Gutes für die Kriminalitätsstatistik erwarten, warnen die Autoren der finnischen Studie. „Ein Anstieg der durchschnittlichen Temperatur um 2 Grad, würde die Rate an Gewaltverbrechen in nicht-tropischen Gebieten um mehr als 3 Prozent erhöhen.“

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