Der Berliner Spreepark als Utopie: Ein Möglichkeitsraum
Der Zukunft zugewandt auch als Ort für Partys? Im „Labor Spreepark“ wird diskutiert, was aus der Vergnügungsstätte im Plänterwald werden könnte.
Konzeptentwicklung und Planung im Zusammenspiel mit einem Bürgerbeteiligungsverfahren wurden eben abgeschlossen, nun hat die Phase „Labor Spreepark“ begonnen, die Freifläche im Spreepark entfaltet sich als Ort für Diskurse und temporäre kulturelle Nutzung. Der Park soll zum „Lernort“ werden für Umwelt- und Kulturbildung. Noch bis zum Sonntag wird es dazu Diskussionen und Veranstaltungen auf dem Gelände geben. Der neue Spreepark, der 2026 fertiggestellt sein soll, öffnet sich also Stück für Stück.
Im Rahmen dieses mehrtägigen „Probebetriebs“ lud der Verein Kollektiv Spieltrieb am Donnerstag zum Thementag mit der Fragestellung „Freiraumpolitik für Kunst und Kultur – ein Spreepark für alle?“ in die Werkhalle auf dem Parkgelände. Auf zwei Panels, für die Kultur- und Partyveranstalter genauso geladen wurden wie Politiker, ging es darum, wie man den Park kulturell nutzen könnte.
Welche Vorstellungen dafür gibt es überhaupt: Darum ging es vor allem im ersten Panel, bei dem Vertreter von Kultur- und Partykollektiven zu Wort kamen. In der zweiten Gesprächsrunde gaben dann Kulturpolitiker von SPD, den Grünen und der Linken ihre Sicht auf den Spreepark zum Besten.
Vieles blieb bei den Diskussionen freilich ziemlich wolkig und allgemein. Es wurde weniger tatsächlich diskutiert als vor allem noch einmal geflissentlich vorgetragen, wie wichtig Freiräume für die unterschiedlichsten Gruppierungen und Szenen seien. Von den Partyveranstaltern sagte dann auch niemand konkret, er könne sich gut vorstellen, schon im nächsten Frühjahr einen Open-Air-Rave unter dem Riesenrad zu veranstalten.
Auch Pedro Marum, Mitveranstalter eines queeren Festivals, sprach eher generell über die Notwendigkeit von Safe Spaces für die queere Community, von denen es auch wegen Corona immer weniger in der Stadt gebe. Dass er bei seinen Ausführungen auch an die Zukunft des Spreeparks dachte, durfte man sich dazudenken.
Angela Volz, die als Betreiberin des Clubs und Biergartens Rummels Bucht auf dem Podium saß, der Ende des Jahres schließen muss, weil auf dessen Standort Büros und Wohnungen gebaut werden sollen, ließ immerhin durchblicken, dass sie sich gut vorstellen könnte, hier auf dem Gelände ihren Laden neu zu eröffnen. Und Steff Ungerer, der als „Vertreter der Berliner Wasserkultur“ vorgestellt wurde und der angab, Teil der hiesigen „Floß-Community“ zu sein, führte aus, dass die auf dem Wasser beheimatete Kulturszene auch gerade auf der Suche nach neuen Möglichkeiten sei. Dafür sei der Spreepark mit seiner direkten Anbindung ans Wasser nicht der schlechteste Ort.
Aber am Ende war es Manfred Mocker, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Plänterwald“, eindeutig der Älteste auf dem Podium und nicht als Lobbyist der Partyszene verdächtig, der dann für alle sprach, als er meinte, vor allem solle der Spreepark auch nach seiner Fertigstellung ein Ort für Experimente bleiben. Er solle eigentlich nie ganz fertig sein, sondern stetig in einem Entwicklungsprozess. Der geplante Park für alle wurde nicht nur an dieser Stelle der Diskussionen zur Metapher für die ganze Stadt.
Etwas mehr Feuer hatte die zweite Gesprächsrunde, als die Träumereien der Kulturaktivisten auf die politischen Realitäten trafen. Katalin Gennburg von den Linken sprach sich zwar dafür aus, mehr oder weniger schon morgen den Zaun um den Spreepark abzureißen und das Gelände der Party- und Kulturszene zu überlassen. Doch Ursula Renker aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gab schnell die Spielverderberin. Genauso wie Gregor Lütjens von Grün Berlin, der landeseigenen Firma, die mit der Planung und Gestaltung des Spreeparks betraut wurde. Allein aus Sicherheits- und Haftungsgründen könne man hier vorerst keine Partys oder Ähnliches veranstalten, gaben die beiden zu bedenken. Ursula Renker wandte sich lieber an Ikea und meinte, die hätten auf ihren Parkplätzen doch Platz genug für Raves. „Ikea rettet die Clubkultur“, das wäre ein Slogan, den sie sich gut vorstellen könnte, wohl eher als „Spreepark ist die neue Partyzentrale Berlins“.
Marc Wohlrabe, Vorstand von LiveKomm, dem Bundesverband der Musikspielstätten, zeigte sich dann noch misstrauisch, inwieweit überhaupt einmal Platz für Open-Air-Musikveranstaltungen im Spreepark geschaffen werden soll.
Er zitierte aus einer Infobroschüre zur Zukunft des Geländes, in der davon die Rede ist, dass der Spreepark zuletzt als Kulisse für Festivals, Konzerte und Theateraufführungen diente. Warum, so Wohlrabe, wurde das so formuliert, als sei es mit dieser Kulisse nun vorbei? Und was soll der nächste Satz in der Broschüre genau bedeuten: „Nun kehrt der neue Spreepark als besondere Spielstätte zurück auf den Berliner Kulturkalender“? Wird es auch in Zukunft mal laut werden dürfen auf dem Gelände? Wird etwas für den Lärmschutz getan, um hier Partys veranstalten zu können, ohne dass die Anwohner durchdrehen? Wirkliche Antworten gab es auf diese Fragen nicht auf dem Podium.
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