piwik no script img

heute in hamburg„Andere zum Schweigen bringen“

Online-Workshop Zivilcourage im Netz – Gegen Hass und Hetze: 17 Uhr, Anmeldung per Mail an veranstaltung@boell-sh.de

Interview Deborah Kircheis

taz: Herr Kunter, waren Sie bereits selbst Opfer von Hasskommentaren im Netz?

Björn Kunter: Ja. 2014 habe ich mich in der Friedensbewegung für die Ukraine eingesetzt. Da habe ich noch per Mail einen üblen Shitstorm abbekommen. Das Gefühl kenne ich also.

Was ist ein Hasskommentar?

Es gibt unterschiedliche Formen. Für mich ist entscheidend, ob ein Mensch durch gewalttätige Kommentare angegriffen wird. Wenn ja, handelt es sich um einen Hasskommentar. Der Angriff kann strukturelle Gewalt wie in rassistischen Kommentaren sein, oder es sind konkrete Beleidigungen.

Welche Gefahr geht von Hasskommentaren aus?

Menschen leiden darunter, wenn sie angegriffen werden. Das kann sich auch in Depressionen und körperlichen Beschwerden widerspiegeln. Außerdem dienen Hasskommentare dazu, andere zum Schweigen zu bringen. Das bedeutet, Hasskommentare sind Angriffe auf die Meinungsfreiheit. Sie verderben die Debatte.

Welche Gruppen verbreiten die meisten Hasskommentare im Netz?

Das lässt sich nicht genau sagen. Aber wir wissen, dass von rechtsextremen und rechtspopulistischen Gruppen organisierter Hass und Hetze ausgeht. Auf der anderen Seite derjenigen, die Inhalte erzeugen, gibt es alternative Medien wie „Tichys Einblick“, die bestimmte Themen triggern. Und wenn sie etwas posten, wissen sie genau, dass die Diskussion darunter abgehen wird. Sie provozieren Hasskommentare gezielt.

Björn Kunter 50, Gründer von Love Storm – Gemeinsam gegen Hass im Netz.

Was ist besser: ignorieren oder reagieren?

Auf alle Fälle reagieren. Betroffene beschreiben oft, dass es das schlimmste Gefühl ist, zu wissen, dass Freund*innen und viele Leute die Hasskommentare lesen und nichts dazu sagen. Wenn man überhaupt keine Zeit hat, reicht auch ein einfaches: „Nein, das sehe ich nicht so!“ Man darf sich aber auf keinen Fall auf die*den Angreifende*n konzentrieren, sondern lieber schauen, ob es jemanden gibt, der direkt angegriffen wird und ihn dann schützen und unterstützen. Außerdem sollte man nach Menschen schauen, die man mobilisieren kann.

Für wen ist es besonders wichtig, den Umgang mit Hass im Netz zu lernen?

Für alle. Das Netz ist ein Lebensraum und alle, die dort leben wollen, müssen sich damit beschäftigen, wie sie den Raum vor Hass und Gewalt schützen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen