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„Wir können eigentlich nur gewinnen“

Women*Team (XII): Sportlerinnen bekommen weniger Aufmerksamkeit und Geld für ihre Leistungen als Männer. Hier kommen sie zu Wort. Die Handball-Torhüterin Mareike Vogel ist gerade mit HL Buchholz 08-Rosengarten in die Erste Bundesliga aufgestiegen. Die Meisterfeier auf Mallorca fiel der Coronapandemie zum Opfer

Mareike Vogel,

34, ist Torhüterin beim HL Buchholz 08-Rosengarten. Sie hat Sportwissenschaften studiert und arbeitet als Physiotherapeutin in Buxtehude.

Interview Moritz Klindworth

taz: Frau Vogel, was für eine Art von Kapitänin sind Sie?

Mareike Vogel: Letzte Saison wurde ich zum ersten Mal zur Kapitänin gewählt. Ich setze mich gerne für andere ein und stelle meine eigenen Bedürfnisse nach hinten. Als Älteste bringe ich auch am meisten Erfahrung im Handball mit. Ich denke, dass ich das Vertrauen der Spielerinnen habe. Wenn Probleme aufkommen, werde ich um Rat gefragt oder bin die, die zwischen Trainerteam und Spielerinnen vermittelt.

Glauben Sie, dass Ihr Team Sie in dieser Saison erneut wählen wird?

Keine Ahnung. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Wenn es so sein sollte, bin ich stolz darauf, dass ich in der Erstligasaison Kapitänin sein darf. Wenn es nicht so ist, stört es mich nicht.

Wie hat das Team den Aufstieg gefeiert?

Wir haben in einer Telefonkonferenz beschlossen, dass wir aufsteigen wollen. Eine Party gab es nicht. Beim Abschlusstraining haben wir ein Kostüm angezogen, das wir bei unserer Mannschaftsreise auf Mallorca getragen hätten – und haben damit die letzte Einheit absolviert.

Verspüren Sie Druck wegen des Aufstiegs?

Es ist eher eine Vorfreude, gegen unbekannte Mannschaften spielen zu können. Das letzte Mal haben wir 2015/16 in der Ersten Liga gespielt. Wir sind trotzdem die unbekannte Nummer und können deshalb eigentlich nur gewinnen. Die Enttäuschung, wenn wir mal ein Spiel verlieren, wird nicht ganz so groß sein – sondern der Enthusiasmus überwiegen, wenn wir mal ein Spiel gewinnen.

Können Sie dem Team mit Ihrer Erfahrung helfen?

Das hoffe ich doch. Ich möchte gerade meinen beiden jüngeren Torwartkolleginnen etwas mitgeben. Man spürt auch, dass die eigene Meinung auf dem Spielfeld gefragt ist. Besonders in der Kommunikation mit der Abwehr.

Sie hätten schon einmal aufsteigen können, aber Ihr Verein Buchholz 08-Rosengarten hat in der vorigen Saison wegen finanzieller Engpässe darauf verzichtet. Sieht es jetzt besser aus?

Hätten wir die finanziellen Möglichkeiten nicht, hätten wir nicht die Lizenz gekriegt. Deswegen gehe ich ganz stark davon aus. Bei uns wurde das auch so kommuniziert, dass die finanziellen Grundlagen geschaffen wurden. Es ist sogar das vierte Jahr, in dem wir aufsteigen konnten. Deswegen bin ich froh, dass wir nun endlich das Abenteuer wagen können.

Vorher hat Sie Corona ganz schön ausgebremst. Wie war es in Quarantäne?

Langweilig. Ich selbst hatte nichts, ich hatte auch keine Symptome oder sonst irgendwas. Das war nur eine Vorsichtsmaßnahme durch meinen Beruf als Physiotherapeutin, damit ich niemanden anstecke. Eine Patientin wurde positiv getestet.

Wie haben Sie sich die Zeit vertrieben?

Als Erstes habe ich ganz viel geputzt. Dann viel gelesen, Fernsehen geguckt. Um null Uhr, als ich wieder raus durfte, wäre ich am liebsten rausgerannt.

Konnten Sie sich überhaupt auf die Saison vorbereiten?

Ja, wir haben sehr früh die Trainingserlaubnis vom Gesundheitsamt Harburg/Land bekommen. Am Anfang haben wir sehr viel Grundlagen, Ausdauer und Krafttraining gemacht. Seit letzter Woche starten wir in der Halle wieder richtig durch und haben auch schon Testspiele.

Ist die Erste Liga mit dem Beruf vereinbar?

An meiner Arbeitszeit ändert sich eigentlich nichts. Da ich relativ viele Stunden arbeite, war es für mich auch schon in der Zweiten Liga stressig. Ich stehe morgens sehr früh auf, arbeite acht bis zehn Stunden, fahre von der Arbeit direkt zum Training und dann direkt wieder nach Hause.

Wann ist Schluss?

Weiß ich nicht. Geschäftsführer Sven Dubau versucht jedes Jahr, dass ich noch ein Jahr drauflege. Ob es nächste Saison weitergeht, weiß ich noch nicht. Ich entscheide am Ende des Jahres, wie sich mein Körper anfühlt, ob ich noch Lust habe oder nicht.

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