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Die M-Straße wird umbenanntEine Folge gewachsener Sensibilität

Kommentar von Susanne Memarnia

Der Bezirk Mitte hat die Umbenennung der M-Straße beschlossen. Über den neuen Namen sollte offen diskutiert werden.

Auch ein Vorschlag zur Umbenennung der M-Straße Foto: dpa

N a bitte, geht doch! Am Donnerstagabend hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte – für viele überraschend – beschlossen, die M-Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzubenennen. Genauer: Das Bezirksamt wird „ersucht“, nun „unverzüglich den Vorgang zur Umbenennung zu starten“, wie es im Antrag von Grünen und SPD heißt. Das kann dauern, wie man von der Diskussion um drei Straßennamen im Afrikanischen Viertel weiß. Aber der Anfang ist gemacht – und man ist versucht zu fragen: Warum eigentlich erst jetzt?

Immerhin haben Grüne, SPD und Linke eine Mehrheit in der BVV. Und die Erkenntnis, dass es sich bei der M-Straße um einen hochproblematischen, weil kolonialistischen und rassistischen Namen handelt, gibt es dort nicht erst seit gestern. Doch nach den langen und ermüdenden Debatten um die Weddinger Straßennamen Nachtigalplatz, Petersallee und Lüderitzstraße, an denen trotz ihres kolonialistischen Bezugs manche unverdrossen festhalten wollen, hatte man wohl ein wenig den Mut verloren. Tatsächlich hat auch die M-Straße immer noch Freunde: Erst am Donnerstag brachten ein AfDler und ein CDUler im Abgeordnetenhaus das alte Argument, der Name gehöre zur kulturellen Identität der Stadt, die neumodische „Umbenenneritis“ sei zu verurteilen.

Doch solche Positionen sind offenkundig nicht mehr mehrheitsfähig. Die Debatten und Demonstrationen der letzten Monate um Polizeigewalt und Alltagsrassimus auch im Rahmen der Black-Lives-Matter-Bewegung haben der Politik gezeigt, dass es in der Öffentlichkeit inzwischen eine große Sensibilität für die Zusammenhänge zwischen kolonialistischer Vergangenheit und rassistischer Gegenwart gibt. Und wenn sogar die BVG eine Haltestelle M-Straße inzwischen für Rufschädigung hält, ist es für alle links der Mitte wirklich Zeit zu handeln.

Manche werden einwenden, dass Grüne und SPD mit ihrem Antrag übers Ziel hinausgeschossen sind. Zum einen weil der Namensvorschlag Anton-Wilhelm-Amo mit der Vorgabe des Berliner Straßengesetzes bricht, Straßen vorrangig nach Frauen zu benennen. Mit einigem Recht werden sie fragen, ob es nicht auch eine Frau mit afrikanischen und Berliner Bezug gibt, die den M. ersetzen kann. Zum anderen bricht der Antrag mit der Idee, dass die interessierte Öffentlichkeit in die Namensdebatte eingeschaltet wird, wie es im Afrikanischen Viertel geschehen ist und wie es derzeit auch in anderen Bezirken geschieht, wo umstrittene Namen – etwa die Wissmannstraße in Neukölln – weg sollen.

Denn auch wenn Amo, der als einer der ersten Schwarzen Gelehrten Preußens gilt und selbst als Kind als „Hof-M.“ arbeiten musste, sicher ein würdiger Namensgeber ist: Der Name sollte nicht allein deshalb gesetzt sein, weil er von der afrodiasporischen und Schwarzen Community um das Bündnis Decolonize Berlin vorgeschlagen wurde. Ein offener Diskussionsprozess, so wie es die Linksfraktion in der BVV Mitte vorgeschlagen hatte, wäre sicher demokratischer – und würde am Ende vielleicht auch mehr Menschen überzeugen als eine Vorgabe „von oben“. Aber dazu fehlte den BezirkspolitikerInnen wohl doch der Mut.

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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