Demonstration für eine Berliner Kino: Das Schweigen der Erb*innen

Erneut fordern hunderte Menschen den Erhalt des Colosseum. Auch die Politik ist vor Ort und verspricht: Das Kino bleibt!

Freunde und Beschäftigte des Berliner Kinos Colosseum demonstrieren mit Plakaten mit Aufschriften wie "Wir wollen weiter Kino machen" oder "Kino ist der beste Sonnenschutz" für den Erhalt ihres Kinos. Die Kino-Betriebsgesellschaft soll insolvent sein.

Gemeinsam gegen die Schließung: Die Belegschaft und Anwohner*nnen wollen das Colosseum retten Foto: Jörg Carstensen/dpa

BERLIN taz | „Mein schönes Kino bei mir im Kiez, das Colosseum ist bedroht“, schallt es am Donnerstagabend über die Gleimstraße in Prenzlauer Berg. Die Stimme aus dem Lautsprecher kennt hier jede*r: Es ist Jürgen Vogel, der vor dem geschlossenen Kino spricht – zwar nicht persönlich, sondern in Form einer Audiobotschaft, aber der Stimmung auf der Demo tut das keinen Abbruch. „Bitte setzt alles in Bewegung, dass das Colosseum bleibt“, ruft der Schauspieler. Die rund 200 Demonstrant*innen klatschen und pusten in ihre Trillerpfeifen.

Seit Corona ist das Kino an der Schönhauser Allee geschlossen – und es soll nicht wieder aufmachen. Allerdings nicht wegen der Pandemie, sondern weil die Er­b*in­nen des früheren Betreibers – der Kinolegende Atze Brauner – daraus Büros machen wollen. Die Belegschaft will das nicht hinnehmen: Sie fordert einen runden Tisch mit der Geschäftsführung und hofft so, Wege zum Erhalt des 96 Jahre alten Kinos zu finden.

Die Unterstützung für sie ist groß: Seit Ende Mai unterschrieben knapp 10.000 Menschen eine Onlinepetition zur Rettung. Und schon Anfang Juli kamen Hunderte vor dem Kino zusammen zu einer ersten Demo. Zur Fortsetzung am Donnerstagabend sind nicht nur Ci­neas­t*in­nen erschienen: Kinder, Eltern und Senioren tummeln sich vor dem Kino. Auch der Späti gegenüber zeigt auf einer digitalen Anzeige den Schriftzug „#Rettet das Colosseum“.

Seit dem 31. Juli läuft das von der Geschäftsführung eingeleitete Insolvenzverfahren, als Begründung nennen sie die Einbußen durch die Pandemie. Doch schon im September 2019, kurz nach dem Tod Brauners, beantragten seine Erb*innen einen Bauvorbescheid, der eine mögliche Büronutzung im Kinogebäude vorsieht. Der Bezirk entschied den Antrag positiv.

Colosseum soll Ort für Kultur bleiben



Auch Politiker*innen beteiligen sich am Protest. „Wir müssen schauen, was in der Bezirkspolitik schiefgelaufen ist“, sagt der Pankower Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup (SPD). Stefan Liebich, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, verspricht: „Wir haben das Colosseum nicht aufgegeben. Das wird hier ein Kinostandort bleiben.“

Die Bezirksverordnete Annette Unger (SPD) wiederum richtet ihre Worte direkt an die Er­b*in­nen­gemeinschaft Brauner: „Es geht nicht darum, irgendwelche Vorwürfe zu machen, wir möchten mit euch an den Tisch. Wir wollen ein Stück Kultur mit dem Colosseum, bitte, bitte, behalten.“



Unter den Demonstrant*innen ist eine 16-jährige Schülerin mit vier Freundinnen, sie wohnen im Kiez, ihren Namen möchten sie lieber nicht verraten. „Ich wurde im Colosseum eingeschult und habe Kindergeburtstage im Kino gefeiert“, sagt sie. Ihr Viertel ohne das Colosseum könne sie sich nicht vorstellen. Dass die Nachbarschaft nun zusammenkommt, stimme sie positiv: „Durch die Demo kann man was bewegen, vor allem weil sich Schauspieler engagieren. Ich hoffe, dass das Kino zumindest vorerst wieder öffnen kann.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.