Der Wochenendkrimi: Mörder jagen im Regen
In „Jennifer8“ findet die Mörderjagd im Feuchten und Dunkeln statt. Der Krimi wurde in den 90ern produziert, steht aber für eine aktuelle Sehnsucht.
Nachtschwarz, nebelgrau, feuchtdunkel. Andere Farben gibt es die ganzen zwei Stunden lang fast nicht. Das Dings ist zwar von 1992, aber man merkt in jedem Moment: Die Achtziger des Kinofilms, mit „Blade Runner“ und „Eine verhängnisvolle Affäre“, sind gerade erst um die Ecke verschwunden. Es regnet viel. Es ist finster. Man jagt einen Serienmörder.
Auf einer Müllhalde findet sich die Leiche einer Frau, die Hand liegt separat zwischen dem verrottenden Dreck. (Drumherum, aber das nur nebenbei, bergeweise Schreibmaschinen; was für ein Bild für die Obsoleszenz einer Technologie-Ära.). Es stellt sich heraus, sie war eine von vielen. Und vor allem lässt sich der Ermittler mit einer Zeugin ein. Die ist noch dazu blind, was die ewig anhaltende Nachtatmosphäre gleich doppelt erklärt.
Zugegeben, allein diese Konstellation – der „Gute“ unter den Cops als Beschützer hier, die porzellangleich schwach gezeichnete Frau dort – birgt tausend valide Gründe, „Jennifer 8“ so was von zu ignorieren. Also so was von. Was hat sich Autor und Regisseur Bruce Robinson bloß dabei gedacht. Rhetorische Frage, nicht viel natürlich, wie üblich damals.
Versuchen wir es aber mal anders. Versuchen wir es als Ausdruck einer Zeit zu nehmen, als Thriller so aussahen und genau so gebaut waren. Als Ausdruck einer aktuellen Seh-Sehnsucht. Endlich mal keine visuelle Überforderung, sondern „Comfort Binging“, und ja, es gibt tatsächlich ein Wort dafür. Weil wir in diesem Fall haargenau wissen, was wir kriegen.
Einnicken und nichts verpassen
Es ist alles so herrlich vertraut, wie es sich für Sommerferien gehört. Das gilt ebenso für das 47. Schon-wieder-Anschauen von „Mord mit Aussicht“, übrigens auch für die nun bei ZDFneo angelaufene TV-Serie „Wild Bill“ mit dem immer schönen Rob Lowe nach 90er-Jahre-Strickmuster. Hier nun, bei „Jennifer 8“, bekommen wir darüber hinaus noch mehr Altbekanntes: Andy Garcia als Cop John Berlin, Uma Thurman als Zeugin Helena und den ach so jungen John Malkovich als einen von Berlins Kollegen.
„Jennifer 8“, Sa., 8. August um 0.40 Uhr, ZDF.
Kleiner Genre-Vergleich zu aktuellen Streaming-Standards: Die Thrillerserie „Dark“ bei Netflix mag zwar, nun: ebenfalls eher dunkel wirken. Aber im Gegensatz dazu wirkt der verregnete Sumpf von „Jennifer 8“ geradezu gemütlich. Wie ein „Damals“ eben, null aufregend, sondern so angenehm dahindümpelnd, dass man nebenher ein wenig wegdämmern kann, ohne dass man was verpasst (für Sie getestet!). Und das, obwohl es ein Thriller ist. Die Komfortzone macht’s möglich.
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