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Soziale Verantwortung in der WirtschaftDeutsche Unternehmen ungenügend

Eine von der Bundesregierung beauftragte Studie zeigt: Menschenrechte in ausländischen Zulieferfabriken werden nicht genügend beachtet.

Ausgangspunkt für strengere Regeln? Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch 2013 Foto: Andrew Biraj/reuters

Berlin taz | Hiesige Unternehmen achten nicht genügend auf die Menschenrechte in ihren ausländischen Zulieferfabriken. Darauf deutet das Ergebnis einer Firmenbefragung durch die Bundesregierung hin. Nur rund ein Drittel der teilnehmenden Unternehmen habe demnach die Regeln des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte eingehalten, hieß es am Montag aus Regierungskreisen.

Am Dienstag liegt das Ergebnis der zweiten Umfragerunde vor. Am Ende der ersten Runde im Dezember 2019 erfüllten nur 20 Prozent der teilnehmenden Firmen die Kriterien. „Es ist zu erwarten, dass die aktuellen Ergebnisse ebenso ernüchternd sein werden wie zuvor und die Ziele weit verfehlt werden“, erklärte Frank Schwabe, Bundestagsabgeordneter und Sprecher für Menschenrechte der SPD.

Laut dem Aktionsplan der Bundesregierung sollen die einheimischen Firmen freiwillig dafür sorgen, dass ihre ausländischen Zulieferer vor allem in armen Ländern ökologische und soziale Rechte von Beschäftigten und Anwohner*innen einhalten. Beispielsweise Textilproduzenten in Asien müssen Brandschutz, ausreichende Löhne und Gewerkschaftsfreiheit nachweisen. Mit solchen Vorschriften reagierte die Bundesregierung auch auf Katastrophen wie den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch 2013.

Für den Fall, dass weniger als die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen die Kriterien erfüllt, will die Regierung ein Gesetz schreiben. „Die SPD erwartet dann, dass die Bundesregierung schnell eine gesetzliche Regelung vorlegt“, sagte Schwabe. CDU und CSU müssten dem zustimmen – „wie im Koalitionsvertrag beschlossen“.

Darauf, dass das Umfrageergebnis ungünstig für die Unternehmen ausfiel, deutete eine Stellungnahme der Wirtschaftsverbände vom Montag hin. Die Organisationen der Industrie, der Arbeitgeber, des Handels sowie der Industrie- und Handelskammern (BDI, BDA, HDE, DIHK) bemängelten „extrem verzerrende Ergebnisse“. Als „Erfüller“ im Sinne der Regierung würden nur die Firmen anerkannt, die alle Kriterien erreichten. Die Initiative Lieferkettengesetz, in der Umwelt- und Entwicklungsorganisationen zusammenarbeiten, kritisierte dagegen, die Befragung sei im Sinne der Wirtschaft verwässert worden.

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2 Kommentare

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  • "Als „Erfüller“ im Sinne der Regierung würden nur die Firmen anerkannt, die alle Kriterien erreichten."

    Whaaat?? Ein bisschen Verstoß gegen ökologische und soziale Mindeststandards und schon erfüllt man nicht mehr die Mindeststandards? Gibt es kein Gesetz, das Grausamkeit gegen Unternehmen unter Strafe stellt?

  • Ohne einen generellen Wandel in der Haltung der Politik der Wirtschaft gegenüber werden sich soziale und ökologische Standards einfach nicht durchsetzten lassen.Was soll denn herauskommen, wenn man der Wirtschaft nicht auf die Füße stehen will? Diese ganzen Aktionspläne sind für die Tonne, solange da nichts verbindlich geregelt wird. Und selbst wenn es verbindliche Regeln gibt, muss man deren Umsetzung auch kontrollieren.



    Vor allem sollte man vielleicht einmal auf die Sonntagsreden bei BDI, BDA, HDE, DIHK verzichten.