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Tod und Liebe, Verlust und Leben

Der Künstler Claus Haensel ist tot. In seinem Werk verhandelte er die großen Fragen des Seins. Eine persönliche Konstante war seine Frau - über ihren Tod hinaus

Claus Haensel wurde 78 Jahre alt. Der Künstler arbeitete meist figürlich, wendete sich aber immer mehr der Abstraktion zu Foto: Lukas Klose

VonRadek Krolczyk

Es ist ganz unverständlich, wie das möglich sein soll – so ein plötzliches Verschwinden eines Menschen. Wahrscheinlich wird das immer so bleiben, und ganz begreifbar wird es nie. Am Dienstag ist unerwartet der Bremer Maler und Zeichner Claus Haensel gestorben. Er wurde 78 Jahre alt.

Der Tod, Liebe, Verlust – für Haensels Werk sind solcherlei menschliche Konstanten prägend. Dass die meisten seiner Arbeiten figürlich sind, könnte man auf seine künstlerische Ausbildung an der Dresdener Akademie der 70er-Jahre zurückführen. Das allein wäre aber ideologisch und eindeutig zu wenig. Denn dass der Maler sich für die Figur entschieden hatte, hängt eben mit seiner Obsession für übergesellschaftliche Themen zusammen, für das Leben als großes Ganzes.

Ganze Serien widmete der 1942 in Dresden geborene Künstler seiner Frau, der Malerin Christine Prinz. Gemeinsam hatten sie 1984 die DDR verlassen und in Bremen ein neues Zuhause gefunden. Aus den frühen 80ern stammen seine fotografischen und zeichnerischen Reihen, die sie nackt und tanzend am Meer zeigen. Haensel variiert dieses sehr einfache Motiv in vielfacher Weise. Auch nach ihrem Tod 2013 blieb sie ihm ein wichtiges Motiv: 2014 zeigte er auf dem Kunstfrühling am Bremer Güterbahnhof Ölbilder, die Prinz am Strand zeigen, manche fotografisch, hyperrealistisch, manche zusammengesetzt aus farbigen Flächen, im Sinne der Pop-Art.

Nach ihrem Tod machte er sich mit akribischem Fleiß an die Katalogisierung ihres umfangreichen Nachlasses. Als sie verschwunden war, blieb ihm immerhin ihr Werk, mit dem er dann zusammenlebte und mit dem er sich liebevoll beschäftigte. Er blieb in der gemeinsamen Atelierwohnung und auch ihr Name blieb an der Klingel. Sechs dicke, nach Material und Genre geordnete Bände hat er zusammengestellt.

Einen siebten wird nun Sabine Tauscher, Leiterin der Sammlung des Forum Waldburg in Dresden fertigstellen. Tauscher war in den letzten Jahren mit Haensel wegen der Übernahme des Nachlasses von Christine Prinz sowie des eigenen Nachlasses im Gespräch. Große Teile der Werke konnte Haensel noch zu Lebzeiten an das Museum übergeben.

Claus Haensel betonte den konsumkritischen Impuls seiner Arbeit; man merkt aber auch die Freude an der Übertreibung

Claus Haensel und Christine Prinz bekamen beide an der Dresdener Kunstakademie eine Ausbildung, die stark an der Figur orientiert war. Das zeigt sich noch in der späteren künstlerischen Entwicklung der beiden in Westdeutschland. Sichtbar ist aber auch eine Hinwendung zur Abstraktion, eine Spannung, die sich etwa im vergangenen Jahr an der großen Doppel­retrospektive der Städtischen Galerie in Bremen nachvollziehen ließ. Auch eine Ausstellung der Bremer Galerie Mitte 2018 zeigte, wie weit und virtuos Haen­sel sich von der klassischen Figur seiner Ausbildung freischwimmen konnte. Zu sehen war dort eine großformatige Reihe mit dem seltsamen Titel „Die Kotelettfresser“, die er bereits 1988 fertiggestellt hatte.

Die Zeichnungen entstanden mit so unterschiedlichen Materialien wie Aquarell, Tusche, ­Acryl und Graphit auf Papier. Auf den Blättern der Kotelett-Serie zog er ein organisch wirkendes System aus farbigen, hell leuchtenden Rahmen auf – ein typisches Merkmal seiner Bilder, das man auch bei seinen Frauenportraits wiederfindet. Haensel spielte hier mit dem Verhältnis zwischen Innen und Außen – und natürlich ihrem Übergang, denn dieses Verhältnis ist das zwischen Kotelett und Fresser. Auch wenn Haensel selbst den konsumkritischen Impuls seiner Arbeit betonte, merkt man doch auch die große Freude an der Übertreibung.

Claus Haensels Tod kommt für sein großes Umfeld überraschend. Er nahm bis zu seinem Tod rege am künstlerischen Leben teil. Er bewegte sich im Umfeld der Galerie Atelier Brandt Credo und der Galerie Mitte. Im KUBO leitete er Aktzeichenkurse. In einer letzten Mail an seine Kursteilnehmer*innen schimpfte er über die Pandemie, verabschiedete sich in die Sommerferien und freute sich auf den Herbst.

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