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Ausschweifung zu viertDie Corona-Sex-Party

Schockiert höre ich, wie mein Sohn Mehmet sich am Telefon zu einer illegalen Corona-Sex-Party in unserer Wohnung verabredet. Ich rufe die Polizei!

Eine Sex-Party zu Hause trotz Corona? Foto: Eckhard Stengel/imago

S chockiert höre ich, wie mein Sohn Mehmet sich am Telefon mit seinen Kumpels fürs Wochenende zu einer Corona-Sex-Party verabredet! Nackt auf den Tischen rumtanzen, Spaß bis zum Morgengrauen, Partnerwechsel!

Bei Allah, in dieser schrecklichen Corona-Zeit feiert der Herr Sohn wilde, ausschweifende Orgien mit allem drum und dran. Frauen, Tanzen, Sex, Drogen, Rock'n'Roll! Sachen, mit denen ich seit Jahren nichts zu tun habe. Genauer gesagt, mit denen ich noch nie zu tun hatte – leider!

Ich tue so, als würde mich der langweilige Fernsehbeitrag über Schildkröten in Uganda, die unter starken Depressionen leiden, brennend interessieren und lausche gebannt Mehmets Worten, um rauszubekommen, wo diese illegale, perverse Corona-Sex-Party steigen wird.

„Ich nehme diesmal unbedingt Weiß, die Schwarzen haben mir kein Glück gebracht“, flüstert Mehmet grinsend. Der Hundesohn ist nicht nur pervers und ein Sexist, sondern auch noch Rassist!

„Punkt 24 Uhr – ich warte hier“, lacht er vergnügt. Bei Allah, die illegale Corona-Sex-Party steigt bei uns! Jetzt wird mir auch klar, weshalb er sein Zimmer vor zwei Wochen mit Eierpappe schalldicht gemacht hat. Ich rufe die Polizei!

Es wird schwer, bis 24 Uhr wach zu bleiben, aber ich will es auf keinen Fall versäumen, wie Mehmet und Co. in Adams- beziehungsweise in Evakostüm abgeführt werden. Damit Mehmet keinen Verdacht schöpft, gehe ich wie jeden Samstag um 21.30 Uhr ins Bett.

Zehn Minuten vor Mitternacht bricht eine Kommando-Einheit der Polizei mit Mundschutz und Plastikanzügen ausgestattet unsere Wohnungstür auf. Sekunden später hebeln sie auch die Tür der Sünde auf.

„Diese Sex-Party ist illegal, meine Herrschaften! Die ganze Gruppe ist hiermit verhaftet!“, brüllt einer der Beamten.

„Welche Gruppe denn? Was für eine Party?“, stammelt Mehmet sichtlich erschrocken.

Der Polizist schaut mich ebenso fragend an:

„Welche Party war das noch mal?“

„Die wilde Corona-Sex-Party“, stottere ich nicht mehr ganz so überzeugt.

„Vater, wovon redest du denn?“, brüllt Mehmet.

„Von deiner Sex-Party, bei der die Puppen bis zum Morgengrauen nackt auf den Tischen tanzen, wo es Partnertausch mit weißen und schwarzen Mädchen gibt …“

Mehmet dreht langsam den Bildschirm seines Computers in unsere Richtung.

„Ich spiele hier am Computer mit vier Kumpels Doppel-Backgammon. Ich wollte diesmal weiße Steine. Der Verlierer muss zur Strafe auf dem Tisch tanzen. Aber jeder bei sich zu Hause – über Skype!“

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