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Neue Corona-Fälle in DeutschlandDie Kurve wird etwas flacher

Die offiziellen Zahlen zeigen, dass sich das Wachstum verlangsamt. Als Beleg dafür, dass die Maßnahmen wirken, will das RKI das aber noch nicht sehen.

Lothar H. Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, mit den neuesten Zahlen Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | In absoluten Zahlen ist der Anstieg der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Deutschland immer noch hoch: 4.118 neue Fälle kamen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts am Dienstag dazu. Insgesamt sind damit 31.554 Infizierte bestätigt. Relativ gesehen hat sich der Anstieg damit aber deutlich verlangsamt: Die Gesamtzahl wuchs gegenüber dem Vortag nur noch um 15 Prozent.

Weil die täglichen Werte, die von den Gesundheitsämtern übermittelt werden, aufgrund von Verzögerungen bei der Meldung und späteren Nachmeldungen nicht wirklich aussagekräftig sind, ist es sinnvoll, die Daten über mehrere Tage zu mitteln. Doch auch dabei zeigt sich ein deutlich abnehmender Trend: Über eine Woche betrachtet lag der tägliche Anstieg zuletzt im Schnitt bei 21 Prozent; vor einer Woche betrug dieser Wert noch 27 Prozent.

Die für Deutschland ermittelten Werte der Johns-Hopkins-Universität, die den offiziellen Zahlen immer etwas voraus sind, bestätigen diesen Trend: Hier hat sich das Wachstum zuletzt sogar noch etwas stärker abgeflacht.

Diese Entwicklung lässt die Hoffnung aufkommen, dass die Gegenmaßnahmen zu wirken beginnen. Denn von einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus bis zur offiziellen Meldung vergehen etwa 10 Tage, sagte der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité im Podcast des NDR. Und vor 10 Tagen sind in den meisten Bundesländern die Schulen und Kitas geschlossen worden.

Virologen wollen noch abwarten

Es sei darum zu erwarten, dass die Effekte der ersten Maßnahmen jetzt sichtbar werden, sagte Drosten. Für eine sichere Interpretation der Daten sei es aber noch zu früh. „Das muss ein paar Tage anhalten, bevor man feststellen kann: Aha, interessant, man sieht also schon was“, sagte der Virologe.

Auch der Leiter des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hält sich mit einer Einschätzung noch zurück. „Wir müssen weiter abwarten, um zu sehen, ob die Maßnahmen greifen“, sagte er am Mittwoch. „Im Moment ist es zu früh, um diese Aussagen schon belastbar treffen zu können.“

Das gilt natürlich erst recht für die sehr viel weitergehenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die am vergangenen Wochenenende in Kraft getreten sind: Hier dürften Effekte auf die Infiziertenzahl erst in einer Woche zu sehen sein.

Die Zahl der Corona-Toten steigt in Deutschland unterdessen deutlich stärker als die der Infizierten: Am Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut 149 Tote, das waren 31 Prozent mehr als am Vortag. Für diesen Unterschied gibt es aber eine einfache Erklärung: Weil vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Tod nach Angaben von Drosten im Schnitt etwa 3 Wochen vergehen, ist ein möglicher Effekt der Gegenmaßnahmen hier erst deutlich später zu erwarten.

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3 Kommentare

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  • Ich kann mir das schon vorstellen, dass das Abflachen - wenn das über die kommenden Tage in etwa konstant bleibt - damit zu tun hat, dass vor 10 begonnen wurde, Einrichtungen zu schließen. Viele meiner Freunde, wie auch ich selbst, haben noch ein paar Tage vorher begonnen, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Aber selbst dann bleibt es von Tag zu Tag doch immer noch mehr Spekulation als Wissen. Es muss halt abgewartet und ausgesessen werden...

    • @HopeDrone:

      Man sollte sich nicht zu früh freuen - und schon gar nicht, wo es keinen Grund zur Freude gibt:



      Einmal freigesetzte Bakterien und Viren verbreiten sich so lange, bis ihnen entweder die Nahrungsgrundlage ausgeht oder aber ein wirksames Gegenmittel eingesetzt wird.



      Dieses Problem ist bei Coronavirus mit den derzeit getroffenen Maßnahmen weder gelöst noch beseitigt, sondern nur zeitlich aufgeschoben.



      Oder sollen die Maßnahmen andauern, bis ein Mittel gegen den Coronavirus gefunden ist? - Das kann noch Monate oder Jahre dauern ...

  • Warten wir mal ab, wie die Reden und Berichte nächste Woche aussehen, wenn die wirtschaftlichen Folgen der wegen dem Coronavirus getroffenen Maßnahmen für jedermann unübersehbar und spührbar sind.