OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Zwei Dokumentationen über zurückhaltende Künstler, mit jeweils recht unterschiedlichen Ergebnissen: Der Niederländer Anton Corbijn ist vor allem Fotograf, seit über 30 Jahren genießt er mit seinen intensiven Fotos aus der Welt der Rockmusik Weltgeltung. Zudem drehte er ungewöhnliche und originelle Videos für die Electro-Rocker von Depeche Mode und verlagerte sein Interesse mit dem Ian-Curtis-Biopic „Control“ und dem irritierenden George-Clooney- Quasi-Krimi „The American“ zuletzt auch auf die Filmregie. Über die Person Corbijns ist hingegen wenig bekannt, der öffentlichkeitsscheue Künstler verschwand bislang hinter seinen Werken. In Klaartje Quirijns treffend betitelter Dokumentation „Anton Corbijn Inside Out“ öffnet er sich recht überraschend, erzählt von Kindheit, Jugend und seinen Interessen, analysiert sich selbst und seine künstlerische Motivation. Zugleich verdeutlicht der Film, wie sehr sich Leben und Kunst bei Corbijn gegenseitig bedingen: Die harsche Schwarz-Weiß-Ästhetik seiner Fotos, die Faszination für Loner und Todesdarstellungen gehen nicht zuletzt auf eine einsame Jugend als Sohn eines protestantischen Pastors zurück, in der Rockmusik und Fotografie stets auch eine Flucht in ein anderes Leben bedeuteten. Auch Woody Allen lässt gemeinhin nicht viel Privates über sich verlautbaren – zumindest jenseits von in der Presse breitgetretenen Skandalen wie die seinerzeitige Trennung von Mia Farrow wegen seiner Beziehung zu deren Adoptivtochter Soon-Yi Previn. Und wirklich in die Karten schauen lässt sich der Regisseur auch in Robert B. Weides Film „Woody Allen: A Documentary“ nicht, für den ihn Weide immerhin rund zwei Jahre lang begleiten konnte. Doch Allens Zugeknöpftheit, die er meist sehr routiniert mit einem kleinen Scherz überspielt, lässt die Idee nicht aufkommen, ihn nach allzu Persönlichem ausquetschen zu wollen. Wenn Allen Orte seiner Kindheit und Jugend aufsucht und von damals erzählt, wirkt er – ganz im Gegensatz zu Corbijn – immer auch ein wenig wie ein Touristenführer in seinem eigenen Leben. Der Blick auf Allens reiche Karriere, die Einblicke in seine Arbeitstechnik und Schauspielerführung sind trotzdem sehr interessant und unterhaltsam. (Anton Corbijn Inside Out (OmU), 18. 8., Moviemento 3; Woody Allen: A Documentary (OmU), 16. 8.–22. 8., Rollberg; 16. 8., 18. 8., 21. 8., Casablanca; 19. 8., Cinema Paris)
Julie Delpys zurzeit im Kino befindliche eigene Regiearbeiten („2 Tage New York“, „Familientreffen mit Hindernissen“) machen Lust, auch noch einmal einen ihrer großen Erfolge als Schauspielerin anzusehen, zumal Richard Linklaters „Before Sunrise“ (1995) um das Zufallstreffen einer Französin und eines Amerikaners in Wien durchaus Ähnlichkeiten zu Delpys eigenen Inszenierungsstrategien aufweist: Von den Figuren ausgehend, sind die Dialoge der Gespräche über Leben und Tod, Liebe und Sexualität während eines langen Spaziergangs durch die Stadt in Zusammenarbeit mit den Schauspielern geschrieben und improvisiert. (OmU) 20. 8., Freiluftkino Mitte) LARS PENNING
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