Corona und Berlin: Berliner Wirtschaft kränkelt
Ramona Pop verschreibt Ad-hoc-Maßnahmen, um Covid-19-Auswirkungen einzudämmen. Neunzig Prozent der Berliner Gastronomie leide unter der Epidemie
Im Zuge des sich weiter ausbreitenden Coronavirus werden die Folgen für die Berliner Wirtschaft immer sichtbarer. Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen kündigte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop am Montag im Rahmen des zweiten „Round Table zu wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus“ an. Beim Round Table anwesend waren die Vertreter*innen der besonders betroffenen Branchen Hotellerie, Gastronomie und Handel, die durch sinkende Nachfragen und abgesagte Großveranstaltungen bereits Umsatzrückgänge verzeichnen mussten. „95 Prozent der Reise- und 90 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen berichten, dass sich die Covid-19-Epidemie auf ihre Geschäfte auswirkt“, so die Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) in einer Pressemitteilung.
Die Investitionsbank Berlin (IBB) schätzt in ihrer Studie „Wirtschaftliche Auswirkungen von Covid-19 in Berlin“, dass selbst bei einem milden Verlauf der Epidemie mit einem Verlust in Höhe von 85 Millionen Euro in den Bereichen Gastgewerbe, Verkehr und Einzelhandel gerechnet werden müsse.
Um Berliner Unternehmen im Umgang mit den wirtschaftlichen Auswirkungen durch das Virus zu helfen, schlug Wirtschaftssenatorin Ramona Pop am Montag erste Ad-hoc-Maßnahmen vor. Liquiditätsfonds der IBB sollen für Unternehmen der besonders betroffenen Branchen geöffnet und die Mittelbeantragung vereinfacht werden. So können sich Unternehmen mithilfe des Liquiditätsfonds der IBB bis zu 1 Million Euro leihen, solange es neben der IBB noch einen weiteren Geldgeber gibt. Bei diesen Darlehen fallen bis zu zwei Jahre lang keine Zahlungen der Tilgungszinsen an.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop begrüßte in diesem Zusammenhang die Maßnahmen der Bundesregierung zur Öffnung des Kurzarbeitergeldes, betonte aber gleichzeitig die Notwendigkeit von „branchenspezifischen Lösungen“.
Keine generellen Schulschließungen
Von generellen Veranstaltungsabsagen sieht die Landesregierung weiter ab. Der Regierende Bürgermeister, Michael Müller (SPD), verwies in einer Pressekonferenz auf ein Treffen der 16 Ministerpräsidenten aller Länder am Donnerstag: Da müsse es zu einer bundesweit einheitlichen Regelung kommen, drängte er. Der rot-rot-grüne Senat hatte zuvor laut Müller Stunden mit drei führenden Medizinern getagt. Einen vorherigen Alleingang Berlins lehnte Müller ab – er setzte weiter auf Einzelfallprüfungen.
Das kontrastierte mit den kurz darauf bekannt werdenden Entscheidungen der Länder Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Menschen abzusagen, was einer Anregung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entspricht. Generelle Schulschließungen lehnte Müller klar ab: „Es macht keinen Sinn, die Schulen zu schließen und die Kinder dann zur Betreuung zu Oma und Opa zu schicken – denn Oma und Opa sind die Risikogruppe.“
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