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Der Murdoch-Clan

Die Dynastie-Pläne von Medienzar Rupert Murdoch geraten durcheinander: Sohn Lachlan steigt aus dem familiengeführten Weltkonzern aus. Schuld soll Murdochs dritte Ehefrau Wendi Deng sein

VON STEFFEN GRIMBERG

Internationale MedienunternehmerInnen gelten gemeinhin als kaltschnäuzige Kapitalisten. Dabei sind es warmherzige Familienmenschen mit großem Hang zur Harmonie. Für niemanden gilt das mehr als für Rupert Murdoch (74), Medientycoon par excellence: „Tieftraurig“ sei er über die Entscheidung seines Sohnes Lachlan (33), zum Monatsende seinen Posten im Top-Management der familiengeführten News Corporation zu verlassen. Es gebe „keinen Disput“, ließ der Herr Papa verlauten und schob nach, er freue sich „schon auf den Tag, an dem sich Lachlan entscheidet, wieder ins Unternehmen zurückzukommen“.

Doch da kann Murdoch senior lange warten: Lachlan zieht es wieder zurück in die australische Heimat: „Ich danke meinem Vater für alles, was er mir im Business und im Leben beigebracht hat“, jetzt wolle er diese Lehren lieber für eine eigene Karriere nutzen. – Abgang eines Kronprinzen. Der Murdoch-Intimus Andrew Neil, lange Chef der Londoner Sunday Times, erklärte am Sonntag die Familiendynastie prompt für beendet.

1998 war die Welt im Ruperts Reich dagegen noch in Ordnung: Mit Sohn Lachlan segelte der Herr über Australiens größte TV- und Zeitungsgruppe, das Fox-Network in den USA, die New York Post wie die Londoner Times, nicht zu vergessen die asiatische Sender-Plattform Star TV, medienwirksam vor Australiens Küsten. In Großbritannien schickte sich ein eben gewählter Labour-Premier namens Tony Blair an, die Mediengesetzgebung im Sinne Murdochs zu lockern. Und auch der Einstieg bei Leo Kirchs Pay-TV-Desaster Premiere World, bei dem bis zur endgültigen Kirch-Pleite 2003 viele schöne News-Corp.-Millionen verbrennen sollten, lag noch in einiger Ferne.

Lachlan, so sprach damals Murdoch senior, solle dereinst sein Erbe beim einzigen wirklich beinahe weltumspannenden Medienkonzern übernehmen, aber wie Tochter Elisabeth und der jüngste Sohn James noch einige Jahre in diese Rolle hereinwachsen.

Doch knapp sieben Jahre später arbeitet nur noch James Murdoch (31) im väterlichen Konzern. Elisabeth (37) hatte schon 2000 ihrem Vater die kalte Schulter gezeigt und den Chefsessel beim mehrheitlich zum Murdoch-Imperium gehörenden britischen Bezahlsender BSkyB geräumt. Sie arbeitet seitdem als TV-Produzentin und bekannte im vergangenen Jahr, man habe es als Mitglied der Familie Murdoch außerhalb der News Corporation eben leichter als in der Firma.

Vor allem seit der Familienclan Zuwachs bekommen hat: Wendi Deng, Murdochs dritte Ehefrau, gilt als eigentliche Ursache des Dynastie-Zerfalls. Sie war Managerin beim Hongkonger Star-TV, als sie Murdoch kennen lernte. 1999 wurde geheiratet, zur Hochzeit auf der Familienyacht im Hafen von New York kamen noch alle vier Kinder aus Murdochs früheren Ehen.

Doch jetzt soll Wendi Deng den Keil zwischen Murdoch und Lachlan getrieben haben, berichten britische und US-Medien unter Berufung auf News-Corporation-Insider. Sie sei der Grund, warum der 74-jährige Firmenchef seine ursprünglichen Pläne, das Tagesgeschäft nach und nach an seine Kinder abzugeben, storniert habe: „Von Aufhören kann keine Rede sein“, beschied Murdoch 2003 die Jahreshauptversammlung des Medienkonzerns, „man wird mich hier wohl heraustragen müssen.“

Spätestens ab da habe es immer stärker zwischen Vater und Sohn geknirscht. Deng habe zuviel Einfluss im Unternehmen und Lachlan habe sich in seinen Kompetenzen beschnitten gefühlt. Auch die ihm übertragene Leitung aller TV-Beteiligungen der News Corporation habe ihm Murdoch senior wieder entzogen. Deng, mit der Rupert Murdoch zwei weitere Töchter im Kleinkindalter hat, soll außerdem vehement für deren künftiges Erbe kämpfen: Nach der bisherigen Regelung kommen nach Murdochs Ableben nur die vier Kinder aus erster und zweiter Ehe in den Genuss des Löwenanteils an der News Corporation.

Einzigartig ist diese Murdoch-Saga übrigens nicht. So was kann auch in Gütersloh passieren: Dort hatte schließlich auch schon einmal eine junge Frau (namens Liz) einen erfolgreichen Medienunternehmer (namens Reinhard Mohn) erobert und in den Folgejahren den Rest des Clans – sowie mittlerweile einige Top-Manager – eingemeindet, ausmanövriert oder gleich geschasst. Heute gilt Liz Mohn, Autorin eines Buches mit dem schönen Titel „Liebe öffnet Herzen“, als die eigentliche Herrscherin bei Bertelsmann. Internationale MedienunternehmerInnen sind eben wirklich – Familienmenschen mit großem Hang zur Harmonie.

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