117 neue Emojis: Aber was willst du denn? đ€
Erleichtern Emojis die Kommunikation? Nicht wirklich. Die Bildchen liefern nur noch mehr Möglichkeiten, einander falsch zu verstehen.
Zugegeben: Unter den 117 neuen Emojis gibt es auch sinnvolle. Die hat das Unicode-Konsortium diese Woche im Rahmen der 13. Erweiterung des Kommunikationsbildchensets prĂ€sentiert. Hilfreich ist etwa die italienische Geste, bei der die Hand nach vorn gestreckt wird, die Finger aneinander nach oben, leichte Von-oben-nach-unten-Bewegung der Hand. âMa che vuoiâ, heiĂt die Geste, zu Deutsch etwa: âGehtâs noch?â
Auch die Transfahne oder der BrĂ€utigam mit Schleier ist gut verwendbar, die Olive oder das Mammut, auch EisbĂ€r, Fliege, Herz, Leber und Bumerang und all die anderen neuen Bildchen, schrecklich putzig, schrecklich praktisch, total anschaulich. Aber Moment. Wann haben wir eigentlich damit angefangen, alle schriftlichen ĂuĂerungen noch mit einem Minibild zu bekrĂ€ftigen? Oder, noch schlimmer, ganz auf Wörter zu verzichten und nur noch mit Emojis zu kommunizieren?
Es war die Zeit, in der mobile Kommunikation den 160-Zeichen-SMS-Level verlieĂ, die Ăra von WhatsApp und Co also. 2015 wurde ein Emoji im englischsprachigen Raum Wort des Jahres, seit 2014 wird der Welt-Emoji-Tag begangen, in Japan wurden Emojis angeblich schon in den 1990ern benutzt. Und Emoticons, also GefĂŒhlsausdruck durch Satzzeichen, sind noch viel Ă€lter. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein tönte 1938, nur mit wenigen Satzzeichen könne er besser Emotionen darstellen als mit Wörtern. Gehtâs noch? Das stimmt doch nur, wenn es eine Âeinzige mögliche Interpretation gibt. Gibt es aber nicht. Emojis kommen nicht ohne Kontext aus, auch nicht ohne einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund, in dem einem Emoji eine eindeutige Bedeutung zugeschrieben wird.
Bedeutet der lachende Kackhaufen jetzt, dass man als Schreibende_r trotz all der ScheiĂe noch lacht? Oder dass die_der Lesende scheiĂe ist? DrĂŒckt dieses zĂ€hnezeigende Gesicht Angst aus? Oder gute Miene zum bösen Spiel? Und die genannte Gehtâs-noch-Geste hat sogar im Italienischen eine doppelte Bedeutung: Wenn sich nĂ€mlich nicht die Hand von oben nach unten bewegt, sondern die Finger sich zueinander bewegen, sagt die Geste: Ganz schön voll hier.
Nach der aktuellen Erweiterung gibt es ganze 1.809 Emojis. Das sind zu viele Möglichkeiten, sich misszuverstehen. Zum GlĂŒck gibt es eine Alternative: Wir können auf einen gemeinsamen Code zurĂŒckzugreifen, der aus nur 26 Symbolen besteht und sich flexibel zu unterschiedlichsten Bedeutungen zusammensetzen lĂ€sst: das Alphabet.
Leser*innenkommentare
Cededa TrpimiroviÄ
Immer noch keine Eichhörnchen?
...
Linksman
Emojis? Muss man die kennen?
05158 (Profil gelöscht)
Gast
..."Emoji haben sich zur eigenen Bildsprache gemausert. Wir ĂŒbersetzen Klassiker der deutschen Literatur in Emoji. Heute: Romantik..."
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Das war mir neu!
.."Das schafft nicht nur neue Möglichkeiten zu erzÀhlen, sondern eröffnet auch die Möglichkeit Klassiker der deutschen Literatur und Dichtung in Emojis umzusetzen.....
Ich sehe es vor mir.,Iphigenie" (1787), ,,Egmont" (1788) und ,,Tasso" (179o) in Emoji.
Verpasse ich hier etwas!?
Vidocq
Da ist sogar eine Buchstabensuppe deutlicher interpretierbar, selbst wenn mancher ein H darin findet...
Jörg Lutter
Die Infantilisierung grassiert.
boidsen
Irgendwie hatten wir das schon mal. Wurde wegen mangelnder Ausdrucksmöglichkeit abgelöst durch die Keilschrift...
RealFledi
Ich fĂŒhle mich bei der schriflichen Kommunikation in letzter Zeit wieder im die erste Klasse zurĂŒckversetzt. Da gabs auch immer Bildchen fĂŒr die Wörter, die wir noch nicht lesen konnten...