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Amtsenthebungsverfahren gegen TrumpAbgeordnete stimmen für Impeachment

Als dritter US-Präsident muss sich Donald Trump dem Verfahren stellen. Doch im Senat haben nun die Republikaner*innen das Sagen.

Muss sich Trump bald von seinem Amt verabschieden? Wohl kaum Foto: ap

Berlin taz | Wie erwartet hat die demokratische Mehrheit des US-Repräsentantenhauses am Mittwoch den US-Präsidenten Donald Trump des Amtsmissbrauchs und der Behinderung des Kongresses angeklagt. Nach fast elfstündiger Sitzung stimmten die Abgeordneten mit 230 zu 197 und 229 zu 198 Stimmen den beiden Anklagepunkten zu, die zuvor vom Justizausschuss formuliert worden waren. Ausnahmslos alle Republikaner*innen stimmten gegen die Anklage, während die Demokrat*innen und unabhängigen Abgeordneten mit nur zwei beziehungsweise drei Abweichler*innen dafür stimmten.

Der Redemarathon vor der Abstimmung war eigentlich keine Debatte – in schneller Folge gaben die Abgeordneten beider Fraktionen kurze Statements ab, die auf beiden Seiten die immer gleichen Satzbausteine wiederholten. Ohne Applaus, ohne Zwischenrufe, ohne dass irgendjemand zuzuhören schien.

Niemand sprach so, als ob auch nur eine Minimalchance bestünde, auch nur eine einzige Person auf der Gegenseite noch von der eigenen Position zu überzeugen. Knapp ein Jahr, bevor alle Abgeordneten sich im November 2020 parallel zur Präsidentschaftswahl erneut um ihre Sitze bewerben, ging es offensichtlich lediglich darum, ihre Stellungnahmen im Protokoll und auf Video zu dokumentieren.

Die Demokrat*innen betonten, die Ermittlungen und Anhörungen im Kongress hätten eindeutig erwiesen, dass Trump 391 Millionen US-Dollar Militärhilfe zurückhielt, um den ukrainischen Präsidenten Wolodomir Selenski dazu zu bewegen, öffentlich Ermittlungen gegen den früheren demokratischen Vizepräsidenten Joe Biden anzukündigen. Damit habe er sein Amt missbraucht, indem er vom Kongress bewilligte Gelder als Druckmittel einsetzte, um daraus einen persönlichen politischen Vorteil bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl zu ziehen.

Republikaner nahmen Kritik von Trumps Wutbrief auf

Und indem Trump zahlreichen leitenden Persönlichkeiten seiner Regierung untersagte, vor dem Kongress auszusagen, habe er das Parlament in seiner verfassungsgemäßen Kontrollfunktion behindert. Genau um so ein Verhalten zu verhindern, hätten die Gründungsväter der USA die Möglichkeit des Impeachment in die Verfassung geschrieben.

Die Republikaner*innen ihrerseits nahmen alle jene Kritikpunkte auf, die Trump selbst am Vorabend der Abstimmung in einem sechsseitigen Wutbrief an die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses zusammengestellt hatte. Die Vorwürfe seien vollkommen substanzlos, das Verfahren unfair, die Anklage ausschließlich parteipolitisch motiviert, angetrieben vom Versuch, die Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2016 rückgängig zu machen, die die Demokrat*innen noch immer nicht verwunden hätten.

Angesichts dieser vollkommen unterschiedlichen Realitätswahrnehmungen wirkten die vielen Stunden im Kapitol wie das choreografierte Reden in die eigene Echokammer, nicht wie eine Parlamentsdebatte vor einer bedeutsamen Entscheidung.

Mit dem Abstimmungsergebnis ist Trump nun nach Andrew Johnson (1865-1869) und Bill Clinton (1993-2001) der dritte „impeached president“ der US-Geschichte. Mit seiner Amtsenthebung hat das jedoch noch nichts zu tun: Das „impeachment“ ist eine Anklageerhebung, über die nun der Senat ein einem Gerichtsprozess nachempfundenes Verfahren abhalten und schließlich per Abstimmung ein Urteil finden muss.

Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat benötigt

Für einen Schuldspruch, der dann die sofortige Amtsenthebung zur Folge hätte, bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. 67 der 100 Senator*innen müssten dafür stimmen. Aber die Republikaner*innen halten 53 Sitze, Demokrat*innen und unabhängige nur 47. Es müssten also 20 Republikaner*innen mit den Demokrat*innen stimmen – vermutlich wird das allerdings nicht ein einziger tun.

Sobald Repräsentantenhaus-Chefin Nancy Pelosi die Anklage offiziell an den Senat übergibt, hat sie das Zepter über das weitere Verfahren nicht mehr in der Hand. Die Regie geht dann an Mitch McConnell über, den republikanischen Mehrheitsführer im Senat. Der hat bereits angekündigt, den Prozess keineswegs unparteiisch zu leiten, sondern sich im Gegenteil eng mit dem Weißen Haus abzustimmen. Zeugen, die die Demokrat*innen gerne vorladen wollten, wie Trumps früheren Sicherheitsberater John Bolton oder den amtierenden Stabschef Mick Mulvaney, wird er nicht einladen.

„Wir haben noch nichts gesehen, was uns fair erscheint,“ sagte Pelosi am Mittwoch zu den bisherigen Verfahrensvorschlägen im Senat. Sie und die demokratische Führungsriege überlegen nun, das Verfahren womöglich erst mit großer Verzögerung an den Senat zu geben – das würde zumindest den Moment hinauszögern, in dem Trump triumphierend seinen „Freispruch“ verkünden kann. Wie und in welchem Tempo es nun weitergeht, wird insofern daran entschieden, welche Strategie beide Seiten für sich selbst am politisch nützlichsten halten.

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9 Kommentare

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  • Bei dem ganzen Rummel um das Impeachment von Donald J. Trump Präsident der Vereinigten Staaten, kommt meiner Meinung nach viel zu kurz, dass es hinreichende Anhaltspunkte bestehen, dass damals Vizepräsident Joe Biden mit Sohn Hunter im Jahr 2013 sich die eigenen Taschen vollstopften.



    Sohn Hunter hatte im Jahr 2013 mit seinem Vater und US Vize Präsident Joe Biden 10 Tage vor einem China Besuch, eine chinesische Fondsgesellschaft ohne Geld gründet. Hunter Biden hat dann die Reise seines Vaters dafür genutzt, 1,5 Milliarden Dollar in China für den Fonds zu besorgen. Die chinesischen Geldgeber sind bis heute unbekannt. Das Geld wurde von einem Konto der HSBC- ... ehemalige Kolonialbank, von Hongkong in die USA angewiesen.

    Sohn Hunter soll bereits vor der Kapitaleinzahlung (1,5 Mrd.US$) d.d. unbekannten Chinesen, einen Optionsvertrag mit dem Fond abgeschlossen haben, wonach er in 2017, einen 10%-Anteil zum Kaufpreis von 420.000 $ am Fond erwerben kann. Hört sich nach einem riesen Geschäft an. Zahle 420.000$ bekomme dafür 150 Mio. $. Diese Geschichte sowie das Zustandekommen des lukrativen Aufsichtsratsposten in der Ukraine für Sohn Hunter Biden sollte meines Erachtens dringend aufgeklärt werden.

    Die Demokraten belügen die Öffentlichkeit, wenn sie behaupten die Ermittlungen und Anhörungen im Kongress hätten eindeutig irgendetwas strafbares von Trump erwiesen.



    Tatsächlich wurden die Beweisanträge der Verteidigung von Trump ignoriert. Die wichtigsten Zeugen wurden nicht gehört, weil die Demokr. die Gerichtsverfahren über die Zulässigkeit der Zeugenladungen nicht abwarten wollten. Stattdessen haben die Demokraten die zulässigen Rechtsmittel die Trump einlegen lassen hat, als amtsenthebungswürdige Handlungen gewertet. Das kann kein faires Verfahren gewesen sein

    Wer ein Impeachment in einer solchen stümperhaften Weise betreibt, darf sich hernach nicht wundern, wenn dieses Impeachment wie ein Boomerang zurück fliegt und den jenen erschlägt, der ihn geworfen hat.

    • @Nico Frank:

      Alles sehr richtig, was sie schreiben.

      "Stattdessen haben die Demokraten die zulässigen Rechtsmittel die Trump einlegen lassen hat, als amtsenthebungswürdige Handlungen gewertet."

      Exakt! Und genau einzig und allein darauf bezieht sich der 2. Anklagepunkt "Behinderung des Kongresses". Trump hat Beschwerde beim SC eingelegt, genau so wie es zuvor Nixon und Clinton taten. Unterschied: hier haben die Demokraten nicht die Entscheidung des SC abgewartet sondern von sich aus entschieden, daß Trump den Kongress behindert hätte. Somit sind sie es, die die Gewaltenteilung ignorieren, dennoch ist es in den Medien irgendwie Konsens, daß Trump es wäre, die die Demokratie gefährdet.

      Apropo Demokratie. Die gestern am meisten gehörten Wörter waren wohl "a sad day for America", "no one is above the law" (außer Joe Biden, offensichtlich.....) und "Democracy".

      Deswegen möchte ich nochmal betonen: die USA sind keine Demokratie, sondern eine föderale Republik.

  • "67 der 100 Senator*innen müssten dafür stimmen."

    Nicht ganz richtig. Die Statuten sagen, daß eine einfache Mehrheit der Senatoren anwesend sein muss und von diesen müssten dann 2/3 für die Amtsenthebung stimmen. D.h., daß bereits 34 Jastimmen reichen könnten. Ein Umstand, den sich die Demokraten politisch zu nutze machen könnten.

    Das Problem ist nur: sie wollen Trump aufgrund eines Dokumentes impeachen, daß sie selbst offensichtlich noch nicht einmal gelesen haben!

    "„Wir haben noch nichts gesehen, was uns fair erscheint,“ sagte Pelosi am Mittwoch zu den bisherigen Verfahrensvorschlägen im Senat."

    Pelosi verantwortet die Impeachmentfarce im "House" und ausgerechnet sie redet nun von "Fairness". Bizarrowelt.

    Man kann nur hoffen, daß im nächsten November Trump wiedergewählt wird und die Demokraten, nicht zuletzt wegen dieses beinahe verbrecherischen Impeachmentverfahren "fair and square" dutzendfach von den Wählern rausgeschmissen werden und Trump somit über ein von den Republikanern dominiertes "House" verfügt. Dann wäre die "Fairness" wieder hergestellt.

    • @Tobias Schmidt:

      "Ein Umstand, den sich die Demokraten politisch zu nutze machen könnten."

      Ist das jetzt ein Aufruf, die republikanischen Senatoren an der Teilnahme zu hinder? Dann könnte Trump aber auch den Jelzin geben...

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    So sehr ich Herrn Trump und seiner Lady den wohlverdienten Ruhestand gönne, zweifle ich daran, dass dies eine kluge Entscheidung ist.

    Ich sehe darin eher eine Steilvorlage für Trumps Strategie der Opfer-Inszenierung.

    Der Wahlkampf wird schmutzig. Noch schmutziger als ohnehin.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ob die Entscheidung klug war, ist zweitrangig. Die demokratischen Abgeordneten hatten gar keine andere Wahl als das Impeachment-Verfahren einzuleiten. Dafür waren die vorgelegten Beweise einfach zu erdrückend. Sie schulden es ihre eigene Verfassung und ihre Wählerschaft. Man kann nicht immer wahltaktisch agieren, sonst entzieht man die Demokratie seine letzte moralische Substanz. Donald Trump hat das Amt des amerikanischen Präsidenten jegliche Würde weggenommen und obendrauf mehrmals Gesetze gebrochen. Hätten die republikanischen Abgeordneten im Senat einen Funken Anstand, müssten sie gegen Trump abstimmen. Aber gegen den Selbsterhaltungstrieb in der Politik können Anstand und Moral nichts bewirken.

      • @Be different:

        "Sie schulden es ihre eigene Verfassung und ihre Wählerschaft."

        Mit dem Freispruch wird nur die Nutzlosigkeit des Verfahrens unterstrichen. Das erleichtert es Trump, in seiner 2. Amtszeit die Verfassung weiter auszuhöhlen. Es war also dumm, ein Verfahren anzustrengen, dass nicht gewonnen werden kann. Es schadet der Verfassung.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Nein, Sie irren sich. Was die Demokraten gerade tun, ist genau das Richtige. Und leicht haben sich Nancy Pelosi & Co. bestimmt nicht gemacht. Solche Überlegungen wie die ihrige waren sicherlich dabei. Aber man verteidigt nun mal die Verfassung, in dem man die Verfassungsfeinde anklagt, auch wenn man dabei verlieren kann! Hier ist wichtig Grenzen aufzuzeigen: Keiner steht über die Gesetze. Und völlig unbeschadet wird Donald Trump aus der Sache definitiv nicht rauskommen. Die Tatsache, dass er im Amt trotzdem bleibt, liegt nicht daran, dass er unschuldig ist, sondern nur, weil seine Partei die Mehrheit im Senat hat. Seine Kernwählerschaft wird ihm die "Opfermasche" also abkaufen, aber nicht die Wechselwähler! Und ohne die kann auch einen Donald Trump die Wahl nächstes Jahr nicht gewinnen.

          • @Be different:

            "Und völlig unbeschadet wird Donald Trump aus der Sache definitiv nicht rauskommen."

            Trumps Umfragewerte haben sich kaum geändert. Und was schlimmer ist. Die große Mehrheit der unentschlossenen Wähler lehnt das Verfahren ab. Für die ist das nur ein weiterer Zirkus, den die Politiker in Washington veranstalten, statt sich um die durchaus vorhandenen Probleme im Land zu kümmern.

            Vorher habe ich gedacht, es gibt eine gute Chance Trumps Herrschaft zu beenden. Jetzt bin ich der Überzeugung, dass er so gut wie wiedergewählt ist. Und die Dems können sich gratulieren, dass sie ihm geholfen haben.

            Schließlich zeigt ein Verfahren, dass überzeugende Beweise zu Tage fördert und trotzdem nicht zum Ziel führt, dass die Verfassung nicht funktioniert. Hier wird Trump nach der Wahl ansetzten, um die Verfassung weiter auszuhöhlen. Den obersten Gerichtshof hat er ja schon mit seinen Leuten besetzt.