Einführung in die FC-Bayern-Genetik: Oli 2.0
Oliver Kahn wird als Vorstand des FC Bayern München vorgestellt. Seinen ersten Auftritt als künftiger Vereinsboss absolviert er mit Bravour.
39 Minuten Souveränität: So kann man das Comeback von Oliver Kahn beim FC Bayern durchaus bezeichnen. Kein Wackler, grobe Patzer ja sowieso nicht, die Reflexe sind auch noch da, und den Hang zur Vulkanität – zu seiner aktiven Zeit ja ein steter Wesenszug – hat er nach eigenen Angaben mittlerweile im Griff: „Emotionalität ist sehr wichtig, ist auch auf der Tribüne sehr angesagt“, sagte Kahn. Im Unternehmerischen sei das aber nicht so gut, meint der Gereifte und kündigte an: „Ich werde nicht mehr durch den Medienraum grätschen.“ Schade eigentlich, wo sich doch schon die Abteilung Attacke, also Uli Hoeneß, an den Tegernsee verabschiedet hat.
Mit dem pragmatischen Präsidenten Herbert Hainer und der Business-Version von Oliver Kahn brechen womöglich tatsächlich analytische Zeiten an beim einst so bunten FC Hollywood. Höchste Eisenbahn sei das, werden manche sagen, die über das Duo Rummenigge/Hoeneß nur noch den Kopf schütteln konnten. Nun also Kahn 2.0, der die Aufgabe als designierter Vorstandschef als „besondere Herausforderung“ sieht: „Ziel ist es, die Erfolgsgeschichte des Vereins fortzuschreiben, und vielleicht noch eine Schippe draufzulegen. Das entspricht mir selbst und meinem Charakter“, sagte Kahn im Presseraum der Münchner Arena und präzisierte: „Heute beginnt es mit 100 Prozent Bayern München.“
Kurz bevor das neue Vorstandsmitglied in den Flieger nach Doha zum Trainingslager der Mannschaft stieg, legte es in Höhe Fröttmaning noch einen Stopp ein, um sich vom ebenfalls neuen Klubpräsidenten vorstellen zu lassen. Karl-Heinz Rummenigge, den Kahn Ende 2021 als Vorstandsvorsitzender ablösen soll, musste absagen: Norovirus. Fragen zur durchaus nicht unspannenden Zusammenarbeit der beiden Alphatiere blieben also ungestellt. Überschneidungen wird es auch mit dem Arbeitsbereich des nicht immer ganz so souveränen Vorstandskollegen Hassan Salihamidzic geben. Kahn: „Ich bin Teamplayer.“ Und: „Es geht ja nicht nur ums Sportliche, sondern ums große Ganze.“
Wohl wahr. Es geht um die Zukunft des erfolgreichsten deutschen Fußballklubs, um den Übergang von einem Präsidenten, der nicht ohne Stolz erzählt, er habe noch nie in dieses Internet reingeschaut, zu einem in der modernen Geschäftswelt beheimateten Vorstandsvorsitzenden, der sich eher als Unternehmenslenker begreift. Rein äußerlich geht es bei Kahn, 50, mit dunklem Jackett und weißem Hemd, in Richtung Elder Statesman – oder wie TV-Reporter Uli Köhler zu ihm meinte: „Jetzt kommst du ja eher CEO-mäßig rüber.“
Das Bayern-Gen
Nun ja, das ist halt auch Teil seines Jobs, wie Präsident Hainer erklärte. Im Aufsichtsrat habe man ein Profil erstellt, dessen drei Hauptkriterien Kahn ideal erfülle: absolute Fußball-Kompetenz, Besitz des Bayern-Gens sowie wirtschaftlicher Sachverstand. „Er hat das Bayern-Gen vorgelebt wie kaum ein anderer“, so Hainer über Kahn.
Der sagte selbst: „Die DNA steckt so tief in einem drin, dass man diesen Verein im Grunde nie verlassen kann.“ Dass es im Klub durchaus Potenzial für ein paar neue Ideen gibt, steht für ihn außer Frage: „Nur was sich entwickelt, bleibt lebendig“, sagte Kahn weise und plädierte auch für eine offene Diskussionskultur – aber intern, bitteschön! „Auch wenn das beim FC Bayern nicht so einfach ist“, wie er weiß.
Vor heiklen Themen wegducken war nie seine Art. Die Verpflichtung von Schalke-Torwart Alexander Nübel verteidigte er gleich mal: „Eine kluge strategische Entscheidung, aber jeder muss seinen Weg gehen.“ Wenn das einer weiß, dann Oli Kahn.
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