heute in bremen: „Das System ist von Missbrauch geprägt“
Laura, 50, ist Bewegungstherapeutin und spricht für die feministische Performance-Gruppe.
Interview David Siegmund-Schultze
taz: Laura, was wollt ihr mit der Performance „Un violador en tu camino“ (Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) zum Ausdruck bringen?
Laura: Die Performance ist als Protestaktion gedacht. Sie soll auf die Gewalt gegen Frauen* aufmerksam machen und ist im Kontext der derzeitigen sozialen Proteste in Chile entstanden. Seit dem Beginn des Aufstands in Chile am 18. Oktober wurden 106 Fälle von sexueller Gewalt und Missbrauch durch staatliche Akteure registriert. Das neoliberale System, gegen das die Menschen auf die Straße gehen, ist menschenfeindlich. Es ist von Unterdrückung und Machtmissbrauch gegen verschiedene Gruppen geprägt – darunter auch die Frauen*.
Weshalb hat sie solch eine globale Verbreitung erfahren?
Weil das in allen Ländern stattfindet. Es sind keine spezifisch chilenischen Probleme. Deswegen fühlen sich viele Frauen* global davon angesprochen. Frauen*, die protestieren, sind einer zusätzlichen Gefahr der sexualisierten Gewalt durch die Polizei ausgesetzt.
Lässt sich die Stelle „Der Unterdrückerstaat ist ein vergewaltigender Macho“ auch auf Deutschland beziehen?
Ja, auch hier gibt es Polizeigewalt. Wir werden an dem Originaltext nichts ändern, auch als Zeichen der internationalen Solidarität.
In Paris haben Aktivistinnen die Performance auf Französisch aufgeführt. Haben Sie auch in Erwägung gezogen, es ins Deutsche zu übersetzen?
Performance im Rahmen der Demo „Gemeinsam gegen Rassismus & Klassenkampf von oben“, Ziegenmarkt, 17 Uhr, Domsheide, 18.30 Uhr
Wir haben das auch gemacht. Bei unserem Treffen hat sich nur herausgestellt, dass die Frauen* den spanischen Text wunderbar mitsingen können. Wir Chileninnen sind sehr dankbar, dass wir den Text jetzt im Original präsentieren werden. Für alle Teilnehmerinnen und umstehenden Personen haben wir aber auch Flugblätter mit der Übersetzung dabei, damit der Inhalt auch für alle verständlich wird.
Werden sie mit den Teilnehmerinnen die Choreo vorher einüben? Kann jede einfach vorbeikommen?
Wir haben geprobt und festgestellt, dass wir das schnell drauf hatten. Wir waren alle so motiviert, und viele hatten die Videos schon im Netz gesehen. Deswegen laden wir alle Frauen* ein mitzumachen, auch wenn sie bei den Proben nicht dabei waren. Es geht nicht um Perfektion, sondern darum, ein Zeichen zu setzen.
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