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Fraktionsvorstand als MännerdomäneEine Frau muss reichen

Die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion hat ihren alten Vorstand neu gewählt. Noch immer befindet sich nur eine Frau unter den acht Mitgliedern.

Mareike Wulf, einzige Frau im Vorstand Foto: Holger Hollemann/dpa

Bremen taz | Niedersachsens CDU-Fraktion hat einen neuen Vorstand gewählt. Oder besser: den alten bestätigt. Denn an der Zusammensetzung hat sich nichts getan. Noch immer ist Mareike Wulf als eine der stellvertretenden Vorsitzenden die einzige Frau unter den acht Mitgliedern.

„Die Chance, ein oder zwei Frauen mehr einzubeziehen, wurde vertan“, sagt die Landes­chefin der Frauen Union in Niedersachsen, Ute Krüger-Pöppelwiehe. Bei der Wahl des Frak­tionsvorstandes hapere es an der Akquise von Kandidatinnen. „Es wird im Vorfeld ja abgesprochen, wer kandidiert.“ Dafür würden Abgeordnete direkt angesprochen. „Schon an dieser Stelle hätten Frauen mit einbezogen werden müssen“, kritisiert Krüger-Pöppelwiehe. Allerdings sei es eher unüblich, mitten in der Legislaturperiode den Vorstand zu verändern.

Das Problem liegt bereits in der Zusammensetzung der Landtagsfraktion selbst – lediglich neun Frauen sind unter 50 Abgeordneten. Zwar war bei der Landtagswahl 2017 jeder dritte Platz auf der Landeswahlliste mit einer Frau besetzt, allerdings wurde ein Großteil der Landtagssitze über Direktmandate vergeben. „Die Wahlkreise, die für die CDU attraktiv sind, werden fast ausschließlich von Männern besetzt“, sagt Krüger-Pöppelwiehe.

„Der CDU ist bewusst, dass unser Frauenanteil in der Partei und in den Fraktionen zu gering ist“, sagt Kai Seefried, Fraktionsmitglied und Generalsekretär der CDU Niedersachsen. Das Ziel sei, den Anteil auf allen Ebenen zu erhöhen. Da die CDU den Anspruch habe, möglichst viele Wahlkreise direkt zu gewinnen, müsste nicht nur auf der Landesliste der Anteil der Frauen erhöht werden. „Wir müssen auch in den Wahlkreisen mehr Frauen aufstellen, die sich um ein Direktmandat bewerben.“

Freiwillig läuft es nicht

Den Willen der Partei, mehr Frauen einzubinden, sieht Krüger-Pöppelwiehe auch. „Allerdings ist strittig, auf welche Art.“ Ein Reißverschlussverfahren, wie es die Frauen Union für die Wahllisten fordert, bei dem die Listenplätze abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt würden, hätte der CDU-Fraktion bei der letzten Landtagswahl rechnerisch zwei Frauen mehr beschert. Die Partei lehnt es bisher jedoch ab. „Ohne verbindliche Vorschriften geht es nicht“, sagt Krüger-Pöppelwiehe deshalb. Die freiwillige Quote der Partei, die vorsieht, jeden dritten Platz auf Landeslisten mit Frauen zu besetzen, reiche nicht aus.

Nicht einmal die Mitgliedszahlen – etwa 25 Prozent der CDUler*innen sind weiblich – würden widergespiegelt. „Wenn die CDU eine moderne Volkspartei sein möchte, muss sie den Regionalproporz hinten anstellen und die Frauen stärker berücksichtigen“, sagt Krüger-Pöppelwiehe. Der sogenannte Regionalproporz, also die Berücksichtigung verschiedener CDU-Ortsvereine in den verschiedenen Regionen, und ein höherer Frauenanteil würden sich nicht ausschließen, sagt dagegen Seefried.

Andere Parteien machen es besser: Die SPD hat einen Frauenanteil von rund 35 Prozent in der Fraktion und mit Johanne Modder eine weibliche Vorsitzende. Bei den Grünen sind seit der Wahl von Belit Onay zum Hannoverschen Oberbürgermeister und seinem Ausscheiden aus dem Landtag sieben von zwölf Abgeordneten Frauen. Der Vorstand ist paritätisch besetzt.

Der geringe Frauenanteil bei der CDU zeige, dass Frauenförderung nicht allein mit guten Vorsätzen gelinge, sagt die Fraktionschefin der Grünen Anja Piel. „Eine verpflichtende Quote, wie wir sie seit 40 Jahren praktizieren, führt erfolgreicher zu höheren Frauenanteilen.“

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