Ausstellungsempfehlungen für Berlin: Körperformeln jenseits der Logik
Beate Scheder empfiehlt Malerei von Stephen G. Rhodes, politische Mathemaik-Metaphern von Kameelah Janan Rasheed und Kunst zu Körpern bei KTZ.
Über drei Jahre ist es her, dass Stephen G. Rhodes Eden Eden, Isabella Bortolozzis Zweitraum, in eine kaum auszuhaltende, faszinierend-verstörende Installation verwandelte, in der einem von allen Ecken und Enden der Irrsinn unserer Zeit visuell entgegenbrüllte. Vergleichsweise harmlos mutet seine neue Ausstellung in der Galerie an.
Unter dem Titel „Spätkauff“ konzentriert sich Rhodes auf Malerei, die – wenn man dem Text zur Schau Glauben schenkt – unter dem Einfluss größerer Mengen Späti-Wein entstanden ist. Alkoholmissbrauch soll hier natürlich keineswegs verklärt werden, aber wenn so großartige Bilder dabei herauskommen, von deren Leinwänden die Farben fast dreidimensional herauszutreten scheinen – wohl bekomms.
Are we there yet?
Ganz andere Themen treiben Kameelah Janan Rasheed um. Mithilfe von Xerox-Tintenstrahldrucken, in denen sie Textschnipsel und mathematische Formeln verarbeitet, dividiert sie bei NOME Rassismen in den USA, Erfolge und Misserfolge der Black-Power-Bewegung auseinander. Die Mathematik dient ihr dabei als Metapher für eine Idee von Logik, die ihrer Ansicht nach bei der Betrachtung gesellschaftlicher Entwicklungen kaum Sinn ergibt. Denn, was wenn aus A plus B nicht C folgt? Wenn Maßnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis führen?
Rasheed plädiert für komplexere Lösungsansätze anstelle simpler Arithmetik. „Are we there yet?“ hat sie in die Galeriewand gekratzt. Die Antwort liefert Nina Simone, die in einer Videocollage wieder und wieder den Song „Mississippi Goddam“ performt: „You don’t have to live next to me. Just give me my equality“, heißt es darin.
Körperkonstruktionen
Von körperlichen Ausdrucksformen, Wahrnehmungsweisen und Verletzlichkeiten erzählen die Arbeiten der sechs Künstlerinnen, die bei Kraupa-Tuskany Zeidler zusammenfinden. Hanna-Maria Hammari überzieht dafür Keramik mit an Haut erinnerndem Latex, Kyung-MeKyung-Me reflektiert zeichnerisch über toxische Beziehungen, Agata Ingarden und Tau Lewis untersuchen mit skulpturalen Mitteln Erinnerungsvermögen und Identitätskonstruktionen.
Beeindruckend sind aber vor allem die beiden historischen Positionen, Maina-Miriam Munsky, in deren Gemälden von chirurgischen Eingriffen an weiblichen Körpern man aktuelle Debatten zu Gewalt im Kreißsaal und Traumatisi erungen von Müttern gespiegelt sehen könnte. Und Cathy Josefowitz, in deren Pastellzeichnungen ihre tänzerische und choreografische Praxis nachhallt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!