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Der letzte Wille kann ein guter sein

Wer über den Tod hinaus Gutes bewirken möchte, kann etwa in seinem Testament gemeinnützige Organisationen bedenken, von Tierschutz bis Kindeswohl – es muss ja nicht die Kirche sein. Aber auch so gibt es natürlich so einiges zu beachten

Auch sie können testamentarisch gefördert werden: Die Ludete Pre-School in Geita in Tansania ist ein vom Kinderhilfswerk Plan International gefördertes Projekt. Die Kinder erhalten Ausbildung, Schuluniform und Mittag­essen Foto: Sandra Gätke/dpa/picture alliance

Von Lars Klaaßen

Seinen letzten Willen zu formulieren, ist eine komplexe Aufgabe. Einerseits sind rechtliche, steuerliche und wirtschaftliche Aspekte zu bedenken; andererseits soziale Fragen, die nicht ausschließlich Familie und Freunde betreffen müssen: Was möchte ich wem zu welchem Zeitpunkt und auf welchem Weg hinterlassen? Ist es gerechter, allen gleich viel zu geben oder sollte jeder das bekommen, was er braucht?

Die gefragteste Anlaufstelle für Menschen, die mit professioneller Unterstützung ihr Testament aufsetzen wollen, ist eine Anwaltskanzlei. Dort werden die künftigen Regelungen mit juristischem Know-how so formuliert, dass keine Unklarheiten entstehen und somit das Risiko späterer rechtlicher Auseinandersetzungen minimiert wird.

Ein Anwalt ist dezidiert Interessenvertreter seiner Klienten. Er berät zum Beispiel auch über steuerliche Konsequenzen für Erblasser und Erben. „Neben dem juristischen Sachverstand ist eine weitere Qualität von großer Bedeutung“, betont Cornelia Rump. „Der Erblasser sollte, wie andere Klienten auch, mit seinem Anwalt harmonieren.“ In dieser Hinsicht sei es gut, auf sein Bauchgefühl zu achten. „Erben und Vererben ist ein emotionales Thema, das die Generationen verbindet“, berichtet die Hamburger Fachanwältin für Erbrecht aus eigener Erfahrung. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt im Bereich der Testamentsgestaltung und Streitvermeidung. Sie ist für verschiedene gemeinnützige Organisationen tätig, hält bundesweit Vorträge zur Testamentsgestaltung und Nachlassabwicklung und ist bundesweit auch beratend und abwickelnd tätig. Aus dieser Erfahrung weiß sie: „Es ist wichtig, dass sich der Mandant auch menschlich verstanden fühlt, um so ein intimes Anliegen wie den letzten Willen gemeinsam zu besprechen und zu verfassen.“

Ein guter Anwalt geht sowohl mit zwischenmenschlichem als auch wirtschaftlichem Verständnis daran. „Rechtsunsicherheit und die Emotionalität der mit einem Nachlass verbundenen Themen sind für einen juristischen Laien hohe Hürden“, so Rump. Für das juristische Handwerk bedeutet das, möglichst schlanke rechtliche Regelungen zu erarbeiten, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Lediglich, wenn der konkrete Fall es erfordert, wird es entsprechend komplexer.

Zu Beginn eines juristischen Beratungsgesprächs steht meist die Frage: Wie frei kann ich meinen letzten Willen überhaupt verfügen? Dieser Aspekt berührt etwa den Pflichtteil, der Kindern des Erblassers üblicherweise zusteht. Sind die gewünschten Regelungen definiert, geht es an die konkrete Umsetzung.

Einzelne Personen oder auch gemeinnützige Organisationen können am Nachlass beteiligt werden. Wer wickelt bestimmte Dinge ab, wenn es soweit ist? Wie kann das ganz praktisch betrachtet funktionieren? „Gibt es einen engeren Familienkreis, wird dieser in der Regel bedacht“, sagt Rump. „Darüber hinaus werden Werte auch immer wieder an gemeinnützige Einrichtungen vermacht.“ All dies muss aufeinander abgestimmt werden.

Werte zu hinterlassen, Geldwerte oder sonst wie materialistische, beschränkt sich nicht nur auf die Familie und Freunde. Ob sozial, ökologisch oder in einem anderen Sinne: Es gibt unzählige Möglichkeiten, mit seinem Nachlass ganz konkrete Projekte zu unterstützen. Ebenso umfangreich ist die Zahl der Organisationen, die sich für solche Anliegen einsetzen – und über die man mit seinem persönlichen Einsatz etwas bewirken kann. Größere gemeinnützige Einrichtungen sind darauf vorbereitet, dass Menschen sie unterstützen – auch durch ein Vermächtnis im Sterbefall. Solche Vereine, Stiftungen oder NGOs laden regelmäßig zu Informationsrunden. Veranstaltungskalender und Anzeigen in Lokalzeitungen weisen darauf hin. Die Organisationen berichten zum einen über ihre Aktivitäten. Darüber hinaus informieren sie auch darüber, wie man sie unterstützen kann, zu Lebzeiten oder indem man sie im Testament bedenkt. Im letztgenannten Fall kümmern sie sich auf Wunsch auch um organisatorische Belange nach dem Sterbefall.

Was möchte ich wem wann und wie auf welchem Weg hinterlassen?

Nach einem ersten Kontakt, etwa auf einer Veranstaltung, können Dinge zunächst telefonisch besprochen werden. Wird es konkreter, folgt auf Wunsch ein persönliches Treffen. „Vor allem auf diesem Weg kann gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden, was entscheidend ist“, sagt Ralf Weelink, der bei der Heinz Sielmann Stiftung zu Erbschaften und Vermächtnissen berät. „Gerne versuchen wir im Gespräch herauszufinden, was unsere Förderer oder Interessenten genau wollen, damit wir gemeinsam handeln können.“

Die Fragen nach dem Willen gehen in zwei Richtungen. Erstens: Wofür soll der Nachlass verwendet werden? Das können zum Beispiel die Ziele der Heinz Sielmann Stiftung allgemein sein, aber auch konkrete Herzensprojekte oder Tierarten. Zweitens: Was soll mit dem persönlichen Nachlass geschehen? Die Stiftung kümmert sich etwa um die gesamte Abwicklung und Auflösung von Wohnung, Haus und Hof. „Dabei achten wir darauf, dass das Hab und Gut gewissenhaft im Vier-Augen-Prinzip begutachtet wird“, betont Weelink. „Was wohin kommt, kann detailliert geregelt werden.“ Dazu zähle etwa auch, dass Angehörige ihren zugedachten Anteil aus der Erbschaft erhalten. Wenn gewünscht, organisiert die Stiftung zudem beispielsweise die Grabpflege genau in der vorher festgelegten Form. „Je detaillierter der letzte Wille und die Wünsche geäußert werden,“ so Weelink, „desto zielgenauer können wir danach handeln.“

Möchte man sein Eigenheim einer gemeinnützigen Organisation vermachen, sollte davon ausgegangen werden, dass diese die Immobilie verkauft und der Erlös dann ihren Aktivitäten zugute kommt. Nur in Ausnahmefällen eignet sich ein Wohnhaus für die Nutzung einer solchen Organisation. „Die Abwicklung solcher Transaktionen sind größeren Einrichtungen vertraut“, weiß Rump. Von Vorteil sei dennoch auch hier ein Gespräch im Vorfeld: „Beide Seiten können sich unverbindlich darüber austauschen, wer welche Vorstellungen hat und wie man dabei zusammenkommt.“ Auch nachdem ein Testament aufgesetzt wurde, lässt sich dieses immer noch ändern, falls dies später gewünscht ist.