piwik no script img

das portraitKenan Kocaksoll für Ruhe bei Hannover 96 sorgen

Im zweiten Anlauf Trainer bei 96 geworden: Kenan Kocak Foto: dpa

Zu den vielen Glückwünschen gesellen sich natürlich auch böse Fragen. Warum hat es fast zwei Wochen gedauert, bis ein neuer Cheftrainer für Hannover 96 gefunden war? Und wieso vertraut man jetzt einem Mann, der sich im Sommer schon einmal um den Posten beworben hatte, aber nicht genommen wurde? „Für mich ist das kein Problem. Ich habe das abgehakt“, sagt Kenan Kocak. Von der zweiten Wahl zum ersten Trainer aufgestiegen – das ist für den 38 Jahre alten Fußballlehrer okay. Denn mit Hannover 96 hat Kocak bei einer prominenten Adresse im Profifußball angeheuert. Seine Aufgabe: einen in Not geratenen Zweitligisten zu stabilisieren.

Für den Verein hat es Sinn ergeben, sich nach der Entlassung von Mirko Slomka Anfang November nicht treiben zu lassen. Die Ungeduld der Medien ist keine gute Beraterin, wenn sich ein ambitionierter Verein wie 96 neu sortiert. „Wie man es macht, ist es verkehrt“, sagt Sportdirektor Jan Schlaudraff, der Kocak eine interessante Zielvorgabe gemacht hat. Wichtig sei es, die Saison so gut wie möglich zu Ende zu spielen. Das heißt im Klartext: Nach dem Abstieg aus der ersten Liga wird die Idee vom direkten Wiederaufstieg vorerst als Spinnerei abgeheftet. Wohl auch deshalb ist Kocak zunächst nur bis zum Sommer 2020 unter Vertrag genommen worden.

Bestimmt wird es Hannover 96 erst einmal guttun, sich von großen Zielen zu verabschieden und auf einen kleineren Namen der Trainerbranche zu setzen. Kocak ist 2016 mit Waldhof Mannheim Meister der Regionalliga geworden und hat danach zwei Jahre lang den SV Sandhausen in der Zweiten Liga halten können. Das klingt eher belanglos, muss aber nicht heißen, dass dieser Trainer nicht auch Großes vollbringen kann. Er steht unter Verdacht, für Ruhe und Ordnung sorgen zu können – und dafür, dass die Mannschaft weniger Gegentore kassiert. „Ich will“, sagte Kocak bei seiner Vorstellung als neuer Trainer am Freitag, „dass sich die Zuschauer mit 96 identifizieren können.“ Dafür muss er eine Mannschaft neu sortieren und motivieren, die mit dem erfolglosen Slomka bis auf Rang 15 der Tabelle abgerutscht ist.

In diesen Tagen wird nahezu jedes Detail, das irgendwie mit Kocak zu tun hat, zusammengetragen und überprüft. Er ist Deutschtürke, war Hospitant von Pep Guardiola bei Manchester City und spricht im kurpfälzischen Dialekt, wenn er „Isch“ statt „Ich“ sagt – all das wird an den Stammtischen mit 96-Bezug eifrig diskutiert. Laut seiner Vorstellung am Freitag stuft Kocak sich selbst als kommunikativ, wissbegierig, fordernd und fördernd ein. Er möchte in Hannover aktiven, frechen, ehrlichen und leidenschaftlichen Fußball spielen lassen.

Das klingt natürlich super. Andererseits ist er bereits der 18. Trainer innerhalb von 22 Jahren, der auf das Kommando von Klubboss Martin Kind hört. Der hatte Hannover 96 im Jahr 1997 als Drittligist und stark verschuldet übernommen. Mit Kocak soll nun verhindert werden, dass der Verein in sportlicher Hinsicht wieder dort landet, wo das Regiment von Kind begonnen hat. Christian Otto

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen