: Motzen, obwohl es gut ist
Wirtschaftssenatorin Pop (Grüne) sieht Konjunktur weiter auf gutem Weg
Von Stefan Alberti
Es dauert mehrere Minuten, bis an diesem Donnerstagmorgen im Plenarsaal das Wort „Tesla“ fällt. Das überrascht in einer Parlamentsdebatte, in der es um die Konjunkturentwicklung in der Stadt gehen soll. Die Grünen haben sie beantragt, die Grünen reden als Erste, die Grünen stellen die Wirtschaftssenatorin – aber zurechnen können sie sich den Ansiedlungserfolg dann doch nicht. Als ihre wirtschaftspolitische Sprecherin Nicole Ludwig zum Ende ihrer Rede doch noch auf die 8.000-Jobs-Ansiedlung in Grünheide kommt, rufen Oppositionsabgeordnete: „Was haben Sie denn damit zu tun?“ Was nicht ganz unberechtigt scheint, nachdem Brandenburgs Wirtschaftsminister betont hat, Tesla sei ein rein brandenburgisches Projekt.
Wirtschaftspolitische Parlamentsdebatten sind von jeher ein Stochern im Nebel. Denn meist lässt sich nicht sicher sagen, woran Wachstum oder Niedergang liegen. Sind die Zahlen gut, meint die Opposition meist, das sei trotz der Politik so, sind sie schlecht, behauptet eine Regierung, ohne ihre Arbeit wäre alles noch schlechter.
CDU und FDP nutzen die Debatte, um nach wenigen Sätzen beim Mietendeckel zu landen – für sie aktuell das größtmögliche Konjunkturhindernis. „Sie wollen die Erstarrung von Berlin, nur dann fühlen Sie sich wohl“, sagt der FDP-Abgeordnete Florian Swyter nach einem Zwischenruf von Katalin Gennburg von der Linkspartei.
Als Ramona Pop als letzte Rednerin ans Mikro kommt, vergleicht sie die aktuelle Lage lieber mit der zu Mauerfallzeiten und in den 90er Jahren, als die Arbeitslosigkeit doppelt so hoch war wie heute. „Sie motzen und machen Berlin schlecht, obwohl alles gut läuft“,sagt Pop und führt dazu das weit überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum an: Während es bundesweit mit 0,1 Prozent gerade noch reicht, um die Kategorien Stagnation oder gar Rezession zu vermeiden, liegt die Hauptstadt bei 2 Prozent Wachstum. „Berlin gelingt inzwischen der Strukturwandel, der anderswo noch so schwerfällt“, sagt Pop. Wobei eine kritischere Interpretation des Wachstums darauf hinweist, dass alles relativ ist, dass Berlin anders als andere Länder auch viel Luft nach oben hatte und die Einkommen in der Hauptstadt nur bei 93 Prozent des Bundesschnitts liegen.
Pop kontert auch die Kritik am Mietendeckel als angeblicher Konjunkturbremse, aus ihrer Sicht ist es genau andersherum: „Mietsteigerung bedroht auch die wirtschaftliche Dynamik der Stadt.“ In Sachen Tesla – wo sie 2018 in einem Brief an Firmenchef Elon Musk allein für Berlin warb – kommt sie vergleichsweise gut aus der Debatte: Kritische Stimmen, dass sie als zuständige Senatorin eine Ansiedlung in der Stadt statt in Brandenburg oder eine enge Kooperation mit dem Nachbarland vergeigt haben könnte, gibt es nicht. Lediglich FDP-Mann Swyter merkt zur Genesis der Deals süffisant an: Das sei ja „ein interessantes Stück der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg“.
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