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Strategie gegen VerschwendungEine App für die Tafeln

Firmen sollen mithilfe einer App leichter Lebensmittel an die Vereine weitergeben. Ernährungsministerin Klöckner will so Verschwendung reduzieren.

Ernährungsministerin Klöckner setzt lieber auf Software statt auf Gesetze Foto: dpa

Berlin taz | Bundesernährungsministerin Julia Klöckner will, dass Unternehmen nicht verkaufte Lebensmittel leichter den Tafeln spenden können. Die CDU-Politikerin stellte am Mittwoch die Onlineplattform „Eco“ vor, die Angebote aus Industrie und Handel an Vereine mit entsprechendem Bedarf vermittelt. Die Menge „geretteter“ Lebensmittel soll laut Ministerium so um 40 Prozent steigen. Die Software koste 1,5 Millionen Euro.

Laut einer von der Behörde in Auftrag gegebenen Studie landen in Deutschland jährlich 12,7 Millionen Tonnen Essen im Müll. Der Großteil davon (52 Prozent) kommt aus privaten Haushalten. „Mit unserer Förderung einer digitalen Plattform zur Weitergabe sorgen wir für eine bessere Vernetzung und Vereinfachung der Arbeit von Spendern und Empfängern“, so Klöckner.

Bereits im Februar dieses Jahres hat das Bundeskabinett eine Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung verabschiedet. Erklärtes Ziel ist es, bis 2030 die Menge zu halbieren. In Dialogforen sollen konkrete Maßnahmen zur Reduzierung erarbeitet werden. Die erste Sitzung fand am Mittwoch statt.

Anna Verres, Pressesprecherin der Tafel Deutschland, befürwortet das Software-Projekt: „Wir erhoffen uns davon, dass wir effizienter werden und mehr Lebensmittel retten können.“ Es sei aber erst einmal abzuwarten, wie die konkrete Umsetzung verlaufe. Da die Ehrenamtlichen der Tafel im Durchschnitt sehr alt seien, könne die Handhabung der geplanten Smartphone-App und Onlineplattform außerdem schwierig sein, so Ferres.

WWF fordert festgelegte Reduktionsziele

Die Umweltorganisation WWF Deutschland unterstützt das Vorhaben des Ministeriums, fordert aber eine Vereinbarung mit zeitlich festgelegten Reduktionszielen und konkreten Maßnahmen für die Bereiche Produktion, Verarbeitung von Lebensmitteln, Groß- und Einzelhandel sowie Catering und Außer-Haus-Verpflegung.

„Die Dialogforen müssen messbare und nachvollziehbare Ergebnisse erzielen, sonst sind sie im Kampf gegen die deutsche Lebensmittelverschwendung überflüssig“, so Tanja Dräger de Teran, Referentin für nachhaltige Ernährung beim WWF.

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13 Kommentare

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  • 0G
    05699 (Profil gelöscht)

    @ LEONIE ASENDORPF

    1,5 Millionen Euro für diese App? Das kann niemals sein! Vielleicht 15.000 Euro. Was wird diese App schon viel können? Die Tafelläden haben ja kein Warenwirtschaftssystem (SAP z.B.)- das heisst, diese App wird nichts anderes können als den Tafeln mitzuteilen, 'wir haben Ware zur Abholung'. Punkt. Dafür gibt es schon heute Emails!!!!

    Ich fordere Sie auf Frau LEONIE ASENDORPF, Einsicht in besagte Angebote bei Klöckner zu beantragen

    • @05699 (Profil gelöscht):

      Liebe Martha R.,

      Danke für Ihren Kommentar. Die letzte Woche Mittwoch vorgestellte App gehört zur Eco-Plattform, einer digitalen Plattform, welche die Weitergabe von nicht verkauften Lebensmitteln an die Tafeln vereinfachen soll.



      Die Zahl 1,5 Millionen Euro stimmt. Hier ist der Link zur Pressemitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): www.bmel.de/Shared...verschwendung.html

      Zur Funktion der App heißt es hier: „Mittels einer Smartphone-App, die als Schnittstelle fungiert, werden Angebots- und Bedarfsdaten erhoben und damit die Grundlage für eine effizientere Zuordnung von Lebensmittelspenden an und zwischen den Tafeln geschaffen.“

      Zur Höhe der Kosten habe ich nun eine Anfrage an das BMEL gestellt. Sobald ich eine Antwort erhalte, schreibe ich sie Ihnen hier.

      mit Besten Grüßen,



      Leonie Asendorpf

      • G
        Gast
        @Leonie Asendorpf:

        Liebe Martha R.,

        Ich habe nun die Antwort die Anfrage an das BMEL erhalten.

        Das Projekt der Eco-Plattform ist für 3 Jahre angelegt. Um zu überprüfen, ob die App ihr Ziel auch wirklich erfüllt, läuft parallel zur Entwicklung der App eine übergreifende Dokumentation & Datenerhebung, sowie eine wissenschaftliche Auswertung, geleitet vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW). Im Prozess der Entwicklung wird die Plattform in Zusammenarbeit mit den Tafeln und Herstellern weiterentwickelt und angepasst.



        Außerdem werden die teilnehmenden Tafeln mit der notwendigen Hardware zur Nutzung der Plattform ausgestattet und die Tafel-Aktiven von der Tafel-Akademie geschult und für die Nutzung der neuen Plattform ausgebildet und begleitet.

        Die 1,5 Millionen Euro werden also nicht allein für die technische Entwicklung der App, sondern auch für die, damit zusammenhängenden, genannten Dinge aufgewendet.

        mit Besten Grüßen und ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten.

        Leonie Asendorpf

        • 0G
          05699 (Profil gelöscht)
          @Gast:

          Das Ganze wird immer dubioser und undurchsichtiger. Die Stellungnahme des BMEL ist nichtsaussagend.

          Die Kosten sind maßlos, unverhältnismäßig und unangemessen.

          Als ehrenamtliche kenne ich die internen Strukturen und Abläufe der Tafeln. Diese sind bereits etabliert und eingespielt. Das Potential ist ausgeschöpft. Daher sehe ich absolut keinen Ansatz eines Mehrwerts, für dieses dubiose 1,5 Millionen-Projekt von Frau Klöckner.

          Mein Eindruck: In Wirklichkeit gehts Klöckner um was völlig anderes. Nämlich um bisher anonymisierte Daten. Und zwar um die der Tafel Kunden. Zudem stellt sich die Frage, ob hier eine versteckte Subvention für diese fragwürdige Tafel-Akademie stattfindet.

          Frau Asendorpf, Sie sollten dieser Steuerverschwendung ernsthaft auf den Grund gehen.

  • Ich kanns nicht mehr hören. Agrarministerin hat wegen irgendwas schlechte Presse, Idee! Ziehen wir den Joker Lebensmittelverschwendung.



    Ob das wohl nützt?

  • Ich hatte weiter unten geschrieben, dass in Deutschland 1,5 Millionen Menschen jeden Monat an einer der 941 Tafeln anstehen müssen. Das ist nicht ganz korrekt, denn mittlerweile sind es schon 1,6 Millionen Menschen (1.600.000). Ist das nicht ein tolles Land, wo Manager Jahresgehälter bekommen, für die eine Krankenschwester 300 Jahre arbeiten müsste und gleichzeitig 1,6 Millionen Menschen an einer Tafel um Lebensmittel anstehen müssen?

    Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig mehr als 1,6 Millionen bedürftige Personen, davon



    •30 Prozent Kinder und Jugendliche



    •26 Prozent Senioren



    •44 Prozent Erwachsene im erwerbsfähigen Alter

    **Zahlen & Fakten**



    www.tafel.de/ueber...eln/zahlen-fakten/

  • Wieso müssen eigentlich in Deutschland 1,5 Millionen Menschen überhaupt an eine der 941 Tafeln und mehr als 2100 Tafelläden anstehen um nicht zu hungern? Keine Frage, die Tafeln haben ihre Berechtigung, um z.B. die Lebensmittelverschwendung etwas einzudämmen. Wenn der Staat aber seine armen Bürger dort "verköstigen" will, um Geld einzusparen, dann stimmt etwas mit diesem Staat nicht. Die Tafeln waren ursprünglich einmal dazu gedacht, um Obdachlose ihr Leben etwas erträglicher zu machen (*dass wir in diesem reichen Land schon 52.000 Obdachlose haben, ist eine andere traurige Geschichte*), indem man den Obdachlosen Lebensmittel unentgeltlich gibt. Nun müssen aber auch schon arme Rentner, arme Alleinerziehende, Hartz IV Empfänger, Niedriglohnempfänger und Flüchtlinge an der "Tafel" um alte oder sogar abgelaufene Lebensmittel anstehen. Die Lebensmittelindustrie freut sich aber, denn so kann sie sich die Kosten der Entsorgung sparen, denn Lebensmittel die nicht mehr verkehrsfähig sind, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum sich schon gefährlich dem Ende nähert, kann man doch an die armen Schlucker weitergeben, die ohnehin schon alle nicht mehr so richtig gesund sind.

    Ein Staat, in dem die Kinderarmut und Rentnerarmut von Jahr zu Jahr immer größer wird und in dem 1,5 Millionen Menschen schon an der "Tafel" anstehen, damit sie nicht hungern müssen, in so einem Staat stimmt etwas nicht.

    Vor einigen Jahren hieß es noch von einigen Politikern „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“. Jetzt scheint sich da wenigstens etwas gebessert zu haben, denn jetzt dürfen sogar die Arbeitslosen sich an eine der 941 Tafel und mehr als 2100 Tafelläden alte und abgelaufene Lebensmittel abholen. Dann kann man jetzt eigentlich nur noch "Guten Appetit" wünschen.

    • @Ricky-13:

      Apropos "Armut und Obdachlose" in Deutschland.

      "William James Stewart (1889 - 1969) war kanadischer Politiker, Parlamentspräsident der Legislativversammlung von Ontario und 43. Bürgermeister von Toronto. Seine von Januar 1931 bis Januar 1935 dauernde Amtszeit war von den Problemen der Weltwirtschaftskrise geprägt. Aufgrund der großen Arbeitslosigkeit 1933 und der daraus resultierenden Armut ließ Stewart Lebensmittelgutscheine ausgeben." [Quelle: WIKIPEDIA]

      Man lese und staune. Lebensmittelgutscheine wurden 1933 in Kanada ausgegeben, weil die Arbeitslosigkeit und Armut immer größer wurde. In Deutschland im Jahre 2019 sieht man auf den Straßen immer mehr Obdachlose (52.000), aber Lebensmittelgutscheine bekommen sie nicht. Warum bekommen Tausende von Obdachlose eigentlich in Deutschland keine Lebensmittelgutscheine? - Ach ja, ich vergaß, im Armutsbericht der Bundesregierung tauchen Obdachlose ja gar nicht auf. Im Armutsbericht steht wohl nur drin, dass es Millionen gut bezahlte Jobs gibt, aber der faule Deutsche partout nicht arbeiten will.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Gelebte Sozialpolitik. Die Leute haben nicht genug zu essen, was machen wir da?

    Eine App muss her!

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Der letzte von dieser Sorte schlug vor, einfach das Einwegpfand zu erhöhen.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Khaled Chaabouté:

        Jetzt brauchen wir nur noch eine App für Pfandflaschen.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Dafür gibt es aber an Pfandautomaten bei Lidl die "Tafel-Taste".

          Das Geld spendet Lidl zwar an die Tafeln, spart aber mit dem Spendenbeleg zugleich Steuern, obwohl die Spende streng genommen von den Kunden stammte.

          • @Khaled Chaabouté:

            Bei Rewe bezahlt man jetzt 5 Euro für Tüten, die an die Tafeln gehen.

            Ist mir jedenfalls bei meinem Rewe aufgefallen. So sorgen die armen Menschen - die täglich an den Tafeln anstehen - auch noch dafür, dass es Rewe wirtschaftlich noch besser geht. Das ist Kapitalismus wie er im Buche steht. Die Armen dürfen an der Tafel um Lebensmittel anstehen, der Mittelstand kauft – um sein Gewissen zu beruhigen – bei Rewe für 5 Euro Tüten, die dann an die Tafeln gehen und die Reichen schlürfen Champagner in ihren Prachtbauten und freuen sich, dass Gerhard Schröder (SPD) damals den Spitzensteuersatz von 53% auf 42% gesenkt hat.