heute in bremen: „Schlechte Laune gibt es genug“
Sebastian Heidelberger, 33, freiberuflicher Journalist und Filme-macher, hat das Utopia-Filmfestival mitorganisiert.
Interview Mahé Crüsemann
taz: Herr Heidelberger, warum brauchen wir heutzutage Utopien?
Sebastian Heidelberger: Einerseits geht im Kino regelmäßig die Welt unter. Da sieht man häufig, wie es zu Ende geht. Andererseits liest man auch in den Zeitungen viele negative Schlagzeilen und es sieht nicht gut aus. Vor fünf Jahren haben wir uns darum überlegt, wir müssen da etwas gegen setzen. Es gibt schon so viele gute Ansätze und es wird auch schon wirklich vieles gemacht. Da gibt es zum Beispiel einige gute Dokumentarfilme drüber. Es engagieren sich viele Menschen und das wollen wir zeigen. Manchmal muss man nur den Arsch ein bisschen hoch kriegen.
Dystopien können ja auch motivieren. Was kann eine Utopie besser?
Unser Ansatz ist, dass es schon genug dystopische Filme gibt. Wir wollten mal etwas Positives zeigen. Es gibt natürlich viele Filmfestivals und Dokumentarfilme, die Dystopien betrachten und kritisch sind und das ist auch gut so. Man muss erst kritisieren, um zu zeigen, was man besser machen will. Schlechte Laune gibt es aber genug. Wir wollen gucken, was es Gutes gibt und Utopien zeigen.
Wie kann das Medium Film mit Utopien umgehen?
Auftakt Utopia-Filmfestival mit „Gegen den Strom“ (2018): 18.30 Uhr;
Lesung mit Dietmar Dath: 20.30 Uhr, Schwankhalle.
Das Festival läuft bis 10. 11., Infos und Programm: https://auf-nach-utopia.de
Wir haben alle Netflix zu Hause. Aber der Vorteil bei Kino ist eben, dass man dort mit Leuten zusammen ist. Es gibt keinen second screen. Kinoatmosphäre macht etwas aus. Da ist man nicht ständig abgelenkt. Man läuft höchstens mal ganz schnell auf Toilette, wenn es nicht anders geht, und läuft dann ganz schnell wieder zurück, damit man nichts verpasst. Unsere Hoffnung ist, dass die Leute sich unterhalten. Film kann Emotionen ganz anders ansprechen, anders als ein einfacher Text beispielsweise.
Wie ist das Utopia-Filmfestival aufgebaut?
Dieses Jahr haben wir, anders als die Jahre davor, zusätzlich noch drei Vorträge zum Thema Utopien. Montag bis Freitag zeigen wir jeweils einen Film in der Schwankhalle. Am Freitag ist dann die Regisseurin Samira Fansa zu Gast und erzählt zu ihrem Film „Deckname Jenny“. Dieses Mal gibt es auch einen Tisch mit utopischer Literatur und die Besucher können dort auch etwas dazu legen, wenn sie denken, dass es zu unserem Thema passt. Es wird Popcorn und Leckereien geben. Man kann vor und nach den Veranstaltungen auch noch zusammen sitzen und hoffentlich ins Gespräch kommen. Samstag und Sonntag laden wir dann ins Kukoon ein.
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