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Wohin geht die Reise?

Wer als Veganer während seines Urlaubs nicht böse Überraschungen erleben möchte, der sollte sich vorher etwas schlau machen, wie es und wohin es überhaupt gehen soll

Von Dierk Jensen

Auch Veganer machen Ferien. Aber wohin reisen, wenn überall auf der Welt, ob nun in der Pampa von Argentinien, in der Walachei in Rumänien oder auch im ostsibirischen Kamtschatka, reichlich Fleisch und Fisch aufgetischt werden? Aber wieso in die weite Ferne schweifen, auch in deutschen Landen ist ein veganes Leben im Urlaub, ob nun auf Helgoland in der Nordsee oder in Lindau am Bodensee, nicht ganz einfach zu gestalten. Denn außerhalb der großen Städte Berlin, Hamburg oder Köln, wo sich mittlerweile eine ganze Reihe von veganen Restaurants etabliert hat, gestaltet sich die Suche nach veganem Essen außerhalb der eigenen vier Wände nach wie vor als schwierig.

Eine Ausnahme wäre da vielleicht der kaum bekannte Ort Palitana im Norden von Indien, genauer gesagt im Bundesstaat Gujarat. Die Kleinstadt mit rund 65.000 Einwohnern ist nämlich eines der religiösen Zentren des Jainismus, der auf seinen Gründer Mahavira, (um 500 v. Chr.) zurückzuführen ist. Der zen­trale Gedanke des Jainismus fußt auf dem Ideal, keine Lebewesen zu töten und zu verletzen. Weshalb sich die Jains, es gibt ungefähr vier Millionen Anhänger dieses Glaubens weltweit, üblicherweise so ernähren, dass keine Tiere leiden oder sterben müssen und Pflanzen nur im unvermeidlichen Maß geschädigt werden. Sie ernähren sich daher vegetarisch, manche sogar auch vegan. Weil nun überproportional viele Jains in Palitana leben, ist sie zur vegetarischen Stadt erklärt worden. Wer also als reisender Veganer dort landen sollte, der kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass er dort reichlich vegane Küche in Restaurants und Hotels geboten bekommt. Wenn man so will, ein veganes Schlaraffenland.

Das kann man von vielen anderen Orten der Welt kaum behaupten. Wer beispielsweise in den weiten Steppen der Mongolei umherreist und erwartet, dass sich die Tafel dort fleischlos decken möge, der wird sein blaues Wunder erleben. Denn die nomadischen Viehhalter leben von ihren Tieren, ob nun Pferde, Kühe, Yaks, Kamele, Schafe oder Ziegen. Deren Fleisch wird entweder gekocht, als Zutat für Suppen oder Teigtaschen verwendet oder für den Winter getrocknet. Aus der Milch der Tiere stellen die Mongolen zudem diverse Getränke sowie Käse und käseähnliche Produkte her. Angesichts solcher (extremen) Beispiele kann es sicherlich nicht schaden, sich als Veganer vor der Abreise zu informieren, welche Ess- und Lebensumstände denn in den potentiellen Urlaubsorten vorherrschen.

Jedoch tun sich klassische Reiseportale bzw. Reiseveranstalter immer noch schwer, den Ansprüchen veganer Kunden zu genügen. Dennoch, infolge einer wachsenden Nachfrage haben sich abseits des Mainstreams mittlerweile touristische Plattformen entwickelt, die sich speziell an Veganern ausrichten. So gibt es unter anderen das vegane Reiseportal veggie-hotels.de, über das man Hotels mit veganem und vegetarischem Angebot aus über 60 Ländern buchen kann. Die auf der Website angebotenen Hotels, Pensionen, B&Bs, Seminarhäuser oder Gesundheitszentren arbeiten alle vegetarisch und haben grundsätzlich ein veganes Zusatzangebot.

Darüber hinaus gibt es die Site vegane-hotels.de, auf der „vom Frühstücksraum bis zum Badezimmer“ konsequent auf den Einsatz jedweder Produkte tierischen Ursprungs verzichtet wird. Eine interaktive Weltkarte lädt zum Entdecken ein. Wer möchte schon als Veganer bei der Wahl eines Hotels, einer Pension oder sonstigen Unterkunft schon auf einer Couch liegen, die von einem Rinderfell überzogen ist? Und wer mag als überzeugter Veganer schon auf flauschigen Schaffellen sitzen geschweige denn schlafen?

Dass diese Fragen irgendwann auch ein relevantes Thema für den Deutschen Tourismusverband sein können, mag die DTV-Klassifizierungsabteilung für die Zukunft nicht gänzlich ausschließen. Allerdings kümmert sich der Verband bei seiner bisherigen Bewertung der Unterkünfte nur um eine allgemeine Basisqualität und berücksichtigt in ihrem Kriterienkatalog nicht die spezifischen Anforderungen irgendwelcher speziellen Zielgruppen.

Allerdings ist allen Touristikakteuren ziemlich klar: Es geht bei den Unterkünften bei Weitem nicht nur um das Essen, sondern eben auch um die Art und Weise der Beherbergung und der Einrichtung. Daher passt eine Kreuzfahrt mit einem klimaschädlichen Alb-„Traumschiff“, auch wenn sie in einer veganen Variante angepriesen wird, kaum in eine ganzheitliche vegane Philosophie. Denn jede Reise mit einem Kreuzfahrtschiff ist eine mittlere Katastrophe – daran ändere auch eine vegane Variante nichts.

So sieht’s hier aus

Also lieber an Land bleiben? Am besten gar nicht fliegen und hierzulande Ferien machen? Aber vollkommen unabhängig davon, wie sich ein jeder am Ende entscheiden mag, tut sich auch in der klassischen bundesdeutschen Tourismus- und Gastronomiebranche hinsichtlich neuer veganer Bedürfnisse einiges: „Auch die gastronomischen Betriebe in Deutschland stellen fest, dass die Nachfrage nach vegetarischen bzw. veganen Gerichten steigt. Und so finden sich nicht nur auf den Standardspeisekarten, Tages- oder Wochenkarten der Republik vielseitige vegetarische und vegane Angebote“, sagt Doreen Kinzel, Pressesprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), „sondern es werden mittlerweile auch schon vegetarische und vegane Gänge auf Gala- oder Dinner-Veranstaltungen als Alternative zu Fisch- oder Fleischgerichten standardmäßig oder auf Nachfrage angeboten. Die Zeiten, in denen die vegetarische Küche von manchen etwas stiefmütterlich behandelt wurde, sind endgültig vorbei. Die moderne vegetarische Küche in den Restaurants ist frisch, abwechslungsreich und raffiniert.“

Und was sagt Axel Strehl, der Präsident des schleswig-holsteinischen Dehoga-Landesverbandes, dazu? Er ist seines Zeichens selber Koch und betreibt ein eigenes Restaurant in Ahrensburg: „Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Wenn jemand etwas Veganes bestellt, bekommt er es bei uns auch. Wenn sie als Koch das vegane Gericht aber richtig gut machen wollen, ist das schon anspruchsvoll.“

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