Off-Kino: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Wie der Regisseur und Autor Brad Bird erzählte, war man beim Pixar-Studio gegenüber dem doch sehr erwachsen erscheinenden Entwurf seines bislang jüngsten Films „Die Unglaublichen“ zunächst sehr skeptisch. Kein Wunder: Computeranimationshelden in der Midlife-Krise waren bislang eher ungewöhnlich. Doch Bob Parr, der als frustrierter Mann „im besten Alter“ mit Frau und zwei Kindern, einem kleinen Häuschen und einem langweiligen Bürojob bei einem Versicherungsunternehmen gesegnet ist, kam beim Publikum an. Denn Bob ist in Wirklichkeit der superstarke Ex-Superheld Mr. Incredible, und seine Frau Helen war einst als flexibles Elastigirl unterwegs. Nur dass die Glanzzeit der permanenten Menschheitsretter eben bereits anderthalb Jahrzehnte zurückliegt, als ein neuer Superschurke sie dazu zwingt, die Superkräfte zu reaktivieren. Neben den intelligent gezeichneten und ungemein witzigen Charakteren, mit deren allzu menschlichen Problemen man sich sofort identifizieren kann, gibt es an den „Unglaublichen“ noch einiges zu bewundern, wie etwa das hübsche Fünfziger- und Sechzigerjahre-Retro-Design, das auch bereits Brad Birds ersten Spielfilm „Der Gigant aus dem All“ (1999) auszeichnete.
Noch einmal Computeranimation: In „Robots“ von Chris Wedge und Carlos Saldanha zieht es den jugendlichen Roboter Rodney Copperbottom mit großen idealistischen Träumen aus der Provinz in die Metropole Robot City. Dort möchte er ein bedeutender Mitarbeiter des legendären Erfinders Bigweld werden und damit allen Mitgliedern der Robotergesellschaft helfen. Tatsächlich aber ist Bigwelds Firma längst von dem fiesen Kapitalisten Ratchet übernommen worden, dem es nur noch um den Profit geht. Die Geschichte mag vorhersehbar sein, doch dies wird durch ein rasantes Tempo, charmanten Humor, ein attraktives Design der Roboterwelt sowie viele hübsche Details und Anspielungen unbedingt wieder wettgemacht. Und welcher Film könnte sonst mit einer „Singing in the Rain“-Parodie aufwarten, in der ein Roboter vor Öl sprudelnden Springbrunnen ein Loblied auf das Schmiermittel singt?
„Er sagt niemals nein, kommt immer pünktlich und kann seinen Text“, hat Regisseur Michel Deville einmal über den französischen Star Michel Piccoli gesagt, der in den letzten fünf Jahrzehnten in über einhundertundfünfzig Filmen auftrat und dabei vor allem mit seiner Vielseitigkeit bestach. Er spielte feige Gangster und skrupellose Kommissare, schüchterne Musikalienhändler und den Marquis de Sade. Wollte man ihm partout ein Image anheften, so wäre es wohl das des zynischen Bourgeois – eine Rolle, die ihm zweifellos besonders liegt. Der künstlerische Durchbruch gelang Piccoli 1963 mit der Darstellung eines Drehbuchautors zwischen Kunst und Kommerz in „Die Verachtung – Le mépris“, Jean-Luc Godards Reflexion über Filme in Farbe und Scope-Format, über den Starstatus von Brigitte Bardot und die Auswirkungen beruflicher Entscheidungen auf private Beziehungen.
LARS PENNING
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