das ding, das kommt: Karrenweise Kunst
Das Kraftfahrtbundesamt gibt die Zahl der zum 1. Januar 2019 in Deutschland zugelassenen PKW mit 47.095.784 Einheiten an, ein Plus von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Weltweit sollen derzeit etwa 1,3 Milliarden Autos, also PKW und Nutzfahrzeuge zusammengerechnet, unterwegs sein. Analysten gehen davon aus, dass die Zahl bis zum Jahr 2030 auf über zwei Milliarden ansteigen wird.
Fragt sich also: Gäbe es denn nicht irgendwann ein „Peak Auto“, also eine maximale Anzahl, ab der ein Bestand dann stagniert, oder besser: zurückgeht?
Viele setzen eine derartige Hoffnung in selbstfahrende Autos, die in einem neuartigen Ridesharing dann nicht mehr im individuellen Einzelbesitz betrieben werden. Unternehmen wie Uber werben damit, dass in Städten bis zu 90 Prozent der Autos überflüssig werden, wenn sich diese Technologie durchsetzt. Die Fahrzeuge würden dann ja geteilt und könnten deutlich effizienter eingesetzt werden als heute.
Allerdings ist das gemeinsame Fahren ja so eine Sache: Man steigt durchaus gern in den öffentlichen Bus, die Straßen- oder U-Bahn. Aber sich zu jemandem ins selbstfahrende Auto setzen, womöglich noch einen Umweg mitfahren? Wohl eher nicht.
Dieses Phänomen hat eine neue Studie der ETH Zürich erkannt und bremst die Euphorie. Richtig problematisch soll es werden, wenn Privatpersonen eigene selbstfahrende Autos kaufen können. Durch die Kombination aus hoher Flexibilität der selbstfahrenden Autos und der Möglichkeit, die Zeit während der Fahrt sinnvoll zu nutzen, sei diese Mobilitätsform sehr attraktiv, auch für heutige Kunden öffentlicher Verkehrsmittel. Das Verkehrsaufkommen könnte dann immens steigen, da ja nicht nur bisherige Autofahrer, sondern auch Menschen ohne Führerschein, vom Kind bis zum Greis, das Fahrzeug nutzen können.
Das ist alles Zukunftsmusik und liegt in noch weiterer Ferne als der Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“, um den sich die Stadt Hannover aktuell bewirbt – und dabei auf Kunst setzt. Vielleicht ist so die Kooperation von Sprengel-Museum und dem lokalen Carsharing-Unternehmen „stadtmobil“ zu verstehen, drei neue weiße Elektrofahrzeuge nun von drei Künstlerinnen gestalten zu lassen. Die Hannoveranerinnen Mareike Poehling, Julia Schmid und Andrea von Lüdinghausen sind innen und außen zu Werke gegangen, um die E-Autos zu fahrenden Kunstwerken, Carsharing zum Genuss zu machen.
Antriebsart, Frauenquote, Region: alles im grünen Bereich. Fragt sich nur, ob die Vehikel unwesentlich mehr bewegt werden als ein privater PKW: Der steht nämlich rund 96 Prozent seiner Existenz unbewegt geparkt herum.
Bettina Maria Brosowsky
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