AfD-Kreistagsfraktion in Leer: Schulterschluss mit Volksverhetzer
Die AfD-Fraktion im Leeraner Kreistag hat sich mit der Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG) des verurteilten Volksverhetzers Gerd Koch zusammengetan.
Hamburg taz | Die einschlägige Verurteilung störte die AfD-Kreistagsfraktion in Leer nicht. In der ostfriesischen Stadt bildet die AfD im Kommunalparlament eine Fraktion mit der Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG) von Gerd Koch. Erst Anfang des Jahres hat das Amtsgericht Leer Koch wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Betrug zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt.
Seit 1991 besteht die Wählergemeinschaft, die seitdem immer wieder in den Leeraner Stadtrat und Kreisrat einzog. Fraktionsvorsitzender war jeweils Koch, der sich immer wieder gegen Frauen, Juden, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, Sinti und Roma äußert – als Frage formuliert, um nicht rechtlich belangt zu werden.
Der Rechtsanwalt wurde dennoch nicht erst in diesem Jahr verurteilt. Die letzte Verurteilung belastete die AWG. „Ich distanziere mich“, erklärte Holger Pieters, Mitglied der AWG-Kreistagsfraktion per Pressemitteilung nach dem Urteil. Eine „Grenze der Zumutbarkeit“ sei überschritten.
Die Kritik hat sich Koch lange gemerkt – auch wenn er in der Mitteilung nicht namentlich benannt wird. In der vergangenen Woche habe „Koch mich rausgeschmissen“, sagt Pieters. Er habe auch das Zusammengehen mit der AfD nicht gewollt, da er „Volksverhetzung“ ablehne. Mit der Fusion, so schätzt Pieters es ein, würde sich die AfD Koch unterordnen.
Die SPD hält Gerd Koch vor, die AWG „endgültig in die rechtsextreme Ecke“ gerückt zu haben
Bisher hat sich aus der AfD selbst nur Stephan Kraemer, Mitglied des Kreisverbandes Goslar, kritisch zu der Fusion mit der AWG geäußert. Der herausgeworfene Pieters wiederum kommentiert nun zynisch: „Wie sagte es einst wohl Willy Brandt: Es wächst zusammen, was zusammengehört“.
Die SPD im Landkreis Leer betrachtet die AfD als eine „offen nationalistische, populistische Partei mit Verbindungen zu rechtsextremen und nazinahen Gruppierungen“. Sie hält Koch so auch vor, die AWG „endgültig in die rechtsextreme Ecke“ gerückt zu haben. „Der Zusammenschluss der Fraktionen ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die AWG und ihr Vorsitzender endgültig aus dem Kreis der demokratischen Parteien verabschiedet haben“, meint die SPD-Kreisvorsitzende Anja Trof-Schaffarzyk.
In der Vergangenheit habe Koch immer wieder Grenzen des Anstands bis ins Unerträgliche verletzt, nun habe er auch keine „Hemmungen“ mehr, mit der AfD zusammenzugehen. Ein möglicher Grund für den Zusammenschluss könnte sein, sagt Trof-Schaffarzyk, dass Koch so hoffe, wieder in den Zweckverband der Sparkassen einzuziehen.
Leser*innenkommentare
wauz
Der Herr Koch ist Rechtsanwalt? Da kann man sich an die Anwaltskammer wenden. Einem Rechtsanwalt kann die Zulassung wegen "Unwürdigkeit" entzogen werden...
Sonntagssegler
Ein stramm rechtsnationaler Rassist ist prinzipiell schon der worst case und muss keine "Hemmungen überwinden", um mit der AfD zusammenzuarbeiten.
Ich verstehe auch nicht, was dadurch noch schlimmer werden sollte.
Manchmal nerven diese politisch motivierten Betroffenheitsfloskeln, wie jene von Frau Trof-Schaffarzyk.