: Störche bleiben auf dem Boden
Viel Arbeit für Ole Werner: Im Kellerderby gelingt Hannover 96 ein glanzloser 2:1-Sieg über Holstein Kiel
Von Andreas Geidel
Begonnen hatte das Kellerderby der Zweiten Fußball-Bundesliga zwischen Holstein Kiel und Hannover 96 eigentlich schon am Freitagmittag. Als Markus Anfang und sein Co-Trainer Tom Cichon wenige Stunden vor dem Anpfiff ausgerechnet im Mannschaftshotel des Bundesligaabsteigers aus Niedersachsen eincheckten. Jenes Duo, das die Störche in der Saison 2017/18 fast in Liga eins geführt hatte und kurz vor dem Bundesliga-Aufstieg mit dem 1. FC Köln im vergangenen Spieljahr von den rheinischen Geißböcken gefeuert wurde.
Spontan schossen Spekulationen ins Kraut. Bereitet Anfang den Einstieg bei den kriselnden 96ern vor? Deren Chefcoach Mirko Slomka wäre bei einer weiteren Niederlage in Kiel mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelöst worden. Doch dann kam alles anders.
Zuerst stellte Anfang glaubhaft klar, dass er die Nord-Tour dieses Wochenendes mit Spielbeobachtungen in Kiel, Bremen, Hamburg und Wolfsburg schon im August vorbereitet hatte. Am Abend dann brachte Hannover mit dem glanzlosen 2:1(1:0)-Erfolg an der Förde vorerst die Kritiker zumindest teilweise zum Verstummen.
In Kiel hält die Talfahrt des Tabellensechzehnten derweil an. Die gut 50 Minuten lang zweitligauntaugliche Vorstellung machte deutlich, dass Hoffnungsträger Ole Werner eine harte Arbeit bevorsteht. Der 31-Jährige war vergangenen Montag als Nachfolger des tags zuvor nach nur fünf Zählern in sechs Zweitliga-Partien freigestellten Cheftrainers Andre Schubert präsentiert worden.
Vorerst interimsweise, aber mit der Aussicht zur Dauerlösung. Schubert hatte eine Aura der Emotionslosigkeit verbreitet. Werner, der zurzeit seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer in Hennef absolviert, ist schon 17 Jahre im Nest der Störche und gilt als offener, kommunikativer Typ.
Am späten Freitagabend indes musste Werner nach dem Anschlusstor zum 1:2 durch Jae-Sung Lee (63.) eingestehen: „Drei Tage Vorbereitung und 50 Minuten Anlauf haben nicht gereicht.“ Am kommenden Sonntag in Fürth soll nun die Ergebnis-Trendwende und damit der sportliche Aufstand gegen den sich anbahnenden Abstiegskampf eingeleitet werden. Unter Regie Werners, der zumindest bis zur nächsten Länderspielpause im Amt bleiben dürfte.
Zunächst nur die defensive Ordnung, dann auch die Umsetzung der eigenen Offensivqualitäten erinnerten an die glorreiche Kieler Zeit unter Markus Anfang. Ausgerechnet dessen damals bester Knipser, Marvin Ducksch, leitete mit einem Kopfball (43.) zum Hannoveraner 1:0 – dem siebten 0:1-Rückstand der Störche im siebten Punktspiel der Nordlichter – ein. Und legte neun Minuten später mit einem Pass auf den Torschützen zum 2:0, Cedric Teuchert, noch nach.
Dass Anfang und Cichon zuvor im Hotel locker mit dem im 96-Trikot bis dato noch nicht in Bestform spielenden Ducksch geplaudert hatten – nur eine Randnotiz?
Was aus Kieler Sicht faktisch Positives blieb, war die Kulisse: 15.034, ausverkauftes Holsteinstadion, höchste Zuschauerzahl seit dem 12. November 1978 – damals, als die Störche in der noch zweigeteilten Zweiten Bundesliga Hannover 96 mit 2:1 bezwungen hatten.
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