piwik no script img

Rennen um SPD-VorsitzFranziska Giffey kandidiert nicht

Wegen Plagiatsvorwürfen bewirbt sich die Ministerin nicht für den SPD-Vorsitz. Sie kündigt den Rücktritt an, falls ihr der Doktortitel aberkannt wird.

Muss ihre Dissertation überprüfen lassen: Familienministerin Franziska Giffey Foto: dpa

Nicht wenigen in der zerzausten SPD galt sie als Hoffnungsträgerin, jetzt hat Franziska Giffey ihrer Partei einen Korb gegeben. Die 41-jährige Berlinerin will nicht Nachfolgerin der im Juni zurückgetretenen Andrea Nahles werden. „Franziska Giffey hat erklärt, dass sie nicht für den Vorsitz der SPD kandidieren werde“, teilte die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer am Donnerstag in Berlin mit.

Hintergrund von Giffeys Absage sind gegen sie erhobene Plagiatsvorwürfe. Laut Dreyer begründete die Bundesfamilienministerin ihre Entscheidung damit, „dass sie nicht zulassen wolle, dass das anhängige Verfahren zur Überprüfung ihrer Doktorarbeit den Prozess der personellen Neuaufstellung der SPD überschattet“.

Wie die FAZ berichtet, hat Giffey darüber hinaus gegenüber der SPD-Spitze angekündigt, ihr Ministerinnenamt aufzugeben, falls die Freie Universität Berlin ihr den Doktortitel aberkennen sollte. „Ich habe auch in meiner Zeit als Kommunalpolitikerin in Berlin-Neukölln immer für ein klares Benennen von Problemlagen und eine klare Haltung gestanden“, zitiert die FAZ aus dem einseitigen Schreiben Giffeys an die Parteiführung. „So will ich auch mit dieser Situation umgehen.“

Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums bestätigte die von der FAZ zitierte Ankündigung. Solange die Entscheidung der FU noch nicht gefallen sei, konzentriere sich die Ministerin jedoch „mit Freude und großem Engagement auf die Arbeit, die im Ministerium ansteht – so wie in den zurückliegenden Monaten auch“, sagte die Sprecherin.

Ich habe immer für eine klare Haltung gestanden

Franziska Giffey

Seit Monaten wabern die Plagiatsvorwürfe gegen Giffey. Es geht um ihre 2009 eingereichte politikwissenschaftliche Dissertation. Bis heute beteuert Giffey, ihre Doktorarbeit nach besten Wissen und Gewissen verfasst zu haben. Doch daran bestehen gehörige Zweifel. Noch immer untersucht eine unabhängige Kommission der Freien Universität Berlin, ob die Verfasserin gegen wissenschaftliche Regeln verstoßen hat.

Anfang der Woche teilte die FU mit, dass vor September voraussichtlich kein Ergebnis vorliegen wird – ein Dilemma für Giffey, endet doch am 1. September die Bewerbungsfrist, um für den SPD-Vorsitz kandidieren zu können. Daher hat sie nun die Notbremse gezogen. „Sie hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht, weil sie eine Sozialdemokratin durch und durch ist“, bekundete Dreyer.

Was Giffey die Entscheidungsfindung etwas vereinfacht haben dürfte: An der FU gilt es als sehr unwahrscheinlich, dass Giffey den Doktortitel wird behalten können. Das würde auch der bisherigen Linie der FU entsprechen: Von den vier Fällen, in der die Hochschulen Hinweisen von PlagiatsprüferInnen auf Betrugsfälle nachging, führten alle zur Aberkennung des Titels. Zuletzt erwischte es Anfang des Jahres den CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Steffel.

Mit der Absage Giffeys geht das große Rätselraten weiter, wer außer den bisher bekannten BewerberInnen noch ins Rennen um den SPD-Vorsitz gehen wird. Nach den Duos Michael Roth/Christina Kampmann, Karl Lauterbach/Nina Scheer und Simone Lange/Alexander Ahrens wollen an diesem Freitag Gesine Schwan und Ralf Stegner ihre gemeinsame Kandidatur für den Parteivorsitz offiziell verkünden wollen. Außerdem gibt es noch zwei als völlig chancenlos geltende Einzelbewerber. Doch wer kommt noch? „Ich erwarte, dass es weitere Namen geben wird“, sagte Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil am Donnerstag vielsagend. Auch die Bewerbung eines niedersächsischen Teams sei denkbar: „Das ist möglich, warten wir’s ab.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Ich werde jetzt nicht die SPD dafür tadeln, dass sie jemanden der sich mit solchen Vorwürfen konfrontiert sieht, als Hoffnungträger bezeichnet.



    Karl Theordor von-und-zu-was-weiß-ich zu Guttenberg wurde auch als Hoffnungsträger der CSU bezeichnet. Auch als die Vorwürfe gegen ihn schon zu Beweisen geführt hatten.



    Aber da sich das Ratekarussell sich gerade so lustig dreht:



    Ich schlage das Duo Schulz/Gabriel vor.



    Oder, wenn eine Frau dabei sein muss, Dreyer / Weil. Für mich ist beides gleich (un)realistisch.

    • @derSchreiber:

      Vielleicht kann ja der Münte noch mal ra. Zusammen mit Björn Engholm.

      Das wäre was und würde sogar funktionieren.

      • @Ansgar Reb:

        Jein, heute muss ja alles Gendergerecht sein. Auch Doppelspitzen. Zwei Frauen sind ok, aber zwei Männer? Niemals! ;)

  • Ich empfehle wirklich jedem eine kurze Stippvisite auf der Seite vroniplag.wikia.or...cl/Fragment_046_28



    ...sort kann man geklaute Textpassagen und der Original nebeneinander sehen/lesen.



    es ist schon mehr als dreist, so etwas als Dissertation abzugeben und dafür auch noch mit einem doktortitel belohnt zu werden der ein hübsch dekoriert für ein hohes Amt in der Bundesregierung... Jeder, der so forget gehört aussortiert aus der politischen Verantwortung für unser Land!

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @sucram.hh:

      .



      Ich fürchte, die dann entstehenden Lücken könnten wir so rasch gar nicht wieder auffüllen. Wollen Sie eine handlungsunfähige, weil hoffnungslos ausgedünnte Administration?

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Na Na - alter Schwede - Gemach - Gelle.

        Wenn’s doch in Kommas gesetzt wird.



        Wollnichwoll - 🤓 -

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Das kommt davon, wenn die Leute zu faul sind, eine vernünftige Arbeit zu schreiben.



    Sondern etwas zusammenstümpern, dass dann:

    "Europas Weg zum Bürger - Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft".

    heißt.

    Oder eben zu geizig, jemanden dafür zu bezahlen, etwas Vernünftiges zu produzieren.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      na ja, in diesem Fall sollte der Kommentar aber wenigstens die Standards der Rechtschreibung beherzigen. "Das" bezieht sich hier auf etwas und wird mit einem s geschrieben. Die Dr.-Arbeit wäre komplett in die Hose gegangen. Im Übrigen: Ihre Verhaltensweise, freiwillig zurückzutreten und nicht wie Schavan noch zu klagen, darf schon mal als positiv bewertet werden. Merkel hätte schon häufig zurücktreten müssen, wäre sie ihren Worten treu geblieben. Letztes Beispiel: Autobahnmaut. "Ohne sie nicht", tönte sie vollmundig. Warum dann aber zig Millionen? Die müsste sie eigentlich zahlen, vielleicht Dobrindt, Scheuer und die gesamte CSU noch, aber nicht der betrogene Otto Normalverbraucher.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Sarg Kuss Möder:

        Da haben Sie ja recht.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Ich bin aber langsam der Ansicht, dass nicht nur auf die schlampigen VerfasserInnen allein eingeprügelt gehört, sondern auch auf die Universitäten höchst selbst. Was kann man denn da für einen Mist abliefern und einen Doktortitel bekommen, fragt sich hier der nicht akademische Laie? Offensichtlich knarzt da seit Jahrzehnten etwas ganz gewaltig im universitären Getriebe!

      • @Weidle Stefan:

        Sach mal so.

        Ob sich die Diss von Fra Giffey sich dazu eignet? Eher wohl nicht.

        Hab gerade - a paper - www.zeit.de/2019/3...vroniplag#comments - gelesen.

        Danach stimme ich vroniplag zu.



        Aber das ist alles nicht unflott gemacht.



        Die Primitivität einer Dotoressa Mazepan Schavan: Die Sekundärquelllen-zu nennen.



        Nicht aber die Primärquelle.



        Vermißt frauman hier ebenso wie die volldreiste Gel van KTG - paste&copy - schlicht um schlicht ohne Quelle.



        Nein - hier ist - & in der Tat nicht leicht erkennbar - neben einzelner Sentenzen ohne Quelle -via einer offensichtlich gar nicht (Zitatfehler Namen falsch übernommen) "durchgeackerte" Quellenhäufung - wissenschaftliche Durchdringung vorgetäuscht worden.



        Solches geht schlicht nicht aus der Hand. Nö. Das hat - unwissenschaftliche - täuschende Methode. That´s it.

        • @Lowandorder:

          Aber ist das dann nicht eher doch einfach nur „Stand der Technik“ in Sachen Ausarbeitung, was Jede(r) so macht, weil das Ideal zwar wünschenswert, aber unrealistisch ist und taugt das dann noch für einen Skandal?



          Macht man sich da mittlerweile etwas vor?

          • @Weidle Stefan:

            Hab das - via SUCRAM.HH -



            vroniplag.wikia.or...cl/Fragment_046_28



            Erst jetzt aufgeklappt. Das ist schonn echt dreist & noch handwerklich unterirdisch dazu.

            Schon als ne Examensarbeit wäre sojet normal aufgekippt.

          • @Weidle Stefan:

            Koa Ahnung genau nicht.

            Was da state of art ist.



            Meine Diss-Zeit ist gut vierzig Jahre her.



            Was in der Zeit beschrieben ist - würd ich für`s Lupfen reichen lassen.

            Wart´mer mal die Kommission ab.



            Sie selbst aber - zieht nach meiner Einschätzung aber schlicht den Stecker.

            unterm---



            In der Zeit ist scheint´s ein Fotto aus ihrer Diss-Zeit - a weng naiv - würd ich sagen. Ob sie sich da wirklich den Kopp gemacht hat. Who knows?



            Aus Hausarbeiten ist mir die Technik - "auf dicke Hose machen" bekannt.



            In ner Diss halt ich´s für nicht akzeptabel. Vor allem in Kombi mit den nicht gekennzeichneten Zitaten.



            &



            Klar auch. `nen NZZ-Leitartikel als Einleitung - wie KTG - is natürlich ne ganz andere Nummer. Ooch wieder wahr. Aber weniger kann eben auch zum Genickbruch reichen.

      • @Weidle Stefan:

        so sieht's aus