dvdesk: Goldsucher auf fremdem Mond
Sattgrün, Sattgelb, Sattbraun sind die Farben, der Bäume, des Grunds, riesengroß darüber die Scheibe eines Planeten, wir sind nicht auf Erden, ständig flirrt etwas, das Samen sein könnten, helle Flusen im Licht, helle Flusen im Dunkeln. Mit anderen Worten: Hier ist eine Welt, und es ist nicht die, die wir kennen. Obwohl Menschen darin sind, obwohl sie uns in ihren Ängsten und in ihrer Gier nur zu vertraut sind.
Ausgangskonstellation, wir werden direkt reingeworfen: ein Vater (Jay Duplass) und seine Teenager-Tochter Cee (Sophie Thatcher). In einem Raumschiff, in dem nichts technoid strahlt, alles im Gegenteil sehr abgenutzt und rumpelig hier. Die Zukunft ist ganz schön heruntergekommen, so viel ist klar, kein Mensch strebt in diesem Universum nach den Sternen.
„Prospect“ ist das Spielfilmdebüt von Zeek Earl und Christopher Caldwell aus Seattle, zwei Freunden seit Schulzeiten, Regie, Buch von beiden, Kamera Earl, es gibt einen Kurzfilm gleichen Titels, der schon dieselbe, als solche eher unerhebliche Geschichte erzählt: Vater und Tochter landen mit einer Raumkapsel auf einem fremden Planeten, einem Mond, genauer gesagt, nur leider nicht da, wo sie wollten. Sie suchen nach Schätzen, Aurelacs, der Name trägt schon den Verweis auf die Goldsuche in sich. Die Aurelacs wachsen – ähnlich wie Perlen in Muscheln – in eklig-glitschigen schneckenartigen Wesen.
Irre viel Geld hatten Earl und Caldwell nicht zur Verfügung, ohne die Hilfe von „Twilight“-Regisseur Chris Weitz, dem der Kurzfilm gefiel, hätte es wohl nie geklappt, eine Produktionsfirma zu finden. Es fühlt sich in Ausstattung wie Dialog auch sehr Indie an. Nicht nur wegen Jay Duplass, der den Vater spielt und ein wichtiger Vertreter des amerikanischen Mumblecore ist, also von Filmen nahe am Alltag, an Figuren, an Milieus, mit einer Tendenz ins Vernuschelte nicht nur auf der Ebene von Sprache und Dialog. Diese Tendenz ins Vernuschelte hat „Prospect“ durchaus auch, nur eben in einem Genre, das man mit der Mumblecore-Sorte von Filmen bislang wenig verbindet: der Science-Fiction.
Das ist erst mal ein Verfremdungseffekt. Auf den es Earl und Caldwell aber gar nicht angelegt haben. Schon darum sieht ihre mit viel Mühe und Liebe zum Detail geschaffene Welt sehr eingewohnt aus. „Prospect“ ist auch nicht die Sorte Science-Fiction, die sich für technische Erfindung oder das Ungedachte oder Ungesehene fasziniert. Eher gibt die fremde Umgebung die Lizenz, neben und mit dem Vater-Tochter-Beginn Dinge zu veranstalten, die in Indie-Filmen vielleicht ein wenig deplatziert wirkten: Schießereien zum Beispiel, denn natürlich bleiben die Aurelac-Goldsucher auf dem Grünmond nicht lange allein.
Mehr als ein bisschen ist der Film auch ein Western. Der Mond ist Frontier-Gelände, auf dem sich mancherlei Gelichter tummelt. Cee gerät an einen sehr rauen Typen namens Ezra (Pedro Pascal), der erst mal den Vater erledigt, sich nach und nach aber als brauchbarer Gefährte entpuppt. Zumal Cee durchaus versteht, sich zu wehren oder dem Kollegen, wenn es sein muss, den rechten Arm abzusägen.
Es ist nicht dieser wenig originelle und recht dünne Plot, der an „Prospect“ überzeugt. An ihm sind die Macher auch nur soweit interessiert, als er ihnen den liebevollen Marsch durch die verwunschenen Wälder gestattet. Mit Sophie Thatcher haben sie dazu eine grandiose Hauptdarstellerin gefunden: Sie agiert so minimalistisch, wie es der Film insgesamt ist. Und holt doch aus diesem Minimalismus durch Präsenz und Genauigkeit nicht wenig heraus. Ekkehard Knörer
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