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Quer durch Sachsen

Vor sechs Wochen hat die taz eine Redaktion in Dresden eingerichtet. Wir haben seitdem nicht nur über den Wahlkampf berichtet, sondern auch über Fußballfans in Chemnitz, Wissenschaftlerinnen in Dresden und Geflüchtete in Borna. (Alle Texte finden Sie unter taz.de/ost.) Kurz vor der Landtagswahl sind sieben RedakteurInnen der taz am wochenende noch mal durchs ganze Land gereist: Sachsen von links nach rechts, von Plauen im Westen bis Zittau im Osten.

Die großen Städte haben wir auf unserer Tour nur gestreift. Wir waren auf hohen Bergen und in flachen Seen. Über 500 Kilometer in acht Tagen. Wir sind gewandert und getrampt, haben das Rad und die Dampflok genommen. Haben alte und neue Bürgerrechtler getroffen und ein Schaf interviewt. Wir waren 200 Meter unter der Erde und haben weiter oben Herrnhuter Weihnachtssterne gebastelt.

Am Ende der Tour haben wir uns, ausgehungert nach der langen Reise, bekochen lassen: von Katja Kipping, der Chefin der Linken und bekanntesten sächsischen Bundespolitikerin. Sie bereitete das Essen zu, wir haben ihr von unserer Reise erzählt und Fragen gestellt: Wie hat sich Sachsen verändert? Woher kommt die Wut, woher der Mut? Warum gewinnen die Grünen im Osten und ihre Partei verliert? Sie hat uns von ihrer Liebe zur Band Keimzeit erzählt und dabei Eierkuchen nach dem Rezept ihrer Großmutter gemacht.

Viele Ideen für unsere Recherchen sind nicht in der Redaktion entstanden. Wir wollten uns treiben lassen, haben Menschen auf der Straße und im Internet gefragt: Wo sollen wir hin? Wen sollen wir als Nächstes treffen? Wären wir allen Vorschlägen hinterhergefahren, wären wir immer noch unterwegs.

Nicht nur wir in der taz, auch KollegInnen von anderen Medien wurden in den letzten Wochen in Sachsen manchmal skeptisch empfangen: Jetzt kommen die Journalist*innen, um den Osten zu verstehen. Ausgerechnet kurz vor einer Wahl, die mit einem Rechtsruck enden könnte. Natürlich ist da etwas dran. Und natürlich behaupten wir nach acht Tagen Reise nicht, dass wir Sachsen verstanden haben.

Bei unserer Tour haben wir aber eine schöne Erfahrung gemacht: Wohin wir auch kamen, haben wir Menschen getroffen, die uns was zu trinken in die Hand drückten und stolz ihre Orte zeigten – ohne dabei Probleme zu verschweigen. Wir waren beeindruckt von den vielen Sachsen, die in kleinen Dörfern und Städten für eine offene Gesellschaft kämpfen. Künstlerinnen und Camper, Aktivistinnen und Lokalreporter.

Diese Ausgabe erscheint am Tag der großen Unteilbar-Demonstration in Dresden und wird dort auch verteilt. Ist Sachsen unteilbar? Bei unserer Reise haben wir erlebt, welche Konflikte das Land spalten. Aber auch, dass man alle Teile Sachsens gesehen haben muss, wenn man es verstehen will. Viel Spaß bei der Lektüre!

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