Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Was er jetzt tun werde, fragt die Leiterin einer Psychiatrie den adretten Ricky (Antonio Banderas), als er geheilt entlassen wird. Ricky antwortet: „Arbeiten und eine Familie gründen wie jeder normale Mensch.“ Bloß, dass man sich bei „Fessle mich!“ (1989) in einem Film von Pedro Almodóvar befindet, und da wird dann doch nicht alles so „normal“ verlaufen. Ricky hat sich zur Familiengründung eine Frau ausgesucht, die von ihrem Glück noch gar nichts weiß: die Schauspielerin Marina (Victoria Abril).
Er dringt in ihre Wohnung ein, schlägt sie nieder und macht ihr einen Antrag: „Ich werde dir ein guter Ehemann sein und ein guter Vater für deine Kinder.“ Bis dahin fesselt und knebelt er sie unter Entschuldigungen, repariert den Wasserhahn, besorgt Tabletten gegen ihre Zahnschmerzen. Dass sich Marina am Ende tatsächlich in ihren Entführer verliebt, macht die Interpretation kompliziert. Platt frauenfeindlich? Ein von religiöser Symbolik überbordendes Passionsdrama, in dem der geschundene Held seine Erlösung findet? Man kann es ganz profan sehen und die Frau als stärkere Persönlichkeit erkennen: Es ist Ricky, der Hilfe braucht, und Marina, die schon im Zirkus gearbeitet hat, kennt sich mit kranken Gäulen aus (Om engl. U, 8. 8., 17.15 Uhr, Babylon Mitte).
„Don’t Give a Fox“, so heißt eine Gruppe von dänischen Skaterinnen, die im quietschpink bemalten Campingbus einen chaotischen Road Trip unternimmt. Die gleichnamige Dokumentation von Kaspar Astrup Schröder kommt den jungen Frauen mit Handkamera und Handycam sehr nahe: beim Singen, Saufen, Kotzen und Skaten. Ein sympathisches Dokument, das von Freundschaft, Anarchie und Freiheit kündet und davon, wie Erfahrungen von Solidarität das Selbstbewusstsein heben (OmU, 11. 8., 20.30 Uhr, City Kino Wedding).
Konventionell gestaltet sich die Auswahl von Filmen für die Reihe „60’s France“ im Babylon Mitte: überwiegend Klassiker aus dem Umfeld der Nouvelle Vague. Meine persönliche Favoriten sind die Werke von Alain Resnais: „Hiroshima, mon amour“, in dem sich Kamerafahrten in den Straßen von Hiroshima und Nevers durch die Montage zu einer Einheit von Ort und Zeit verdichten, und „L’année dernière à Marienbad“, wo die Montage ein Raum-Zeit-Kontinuum vorgaukelt, das überhaupt nicht existiert. Träume, Fantasien und ein Theaterstück verschmelzen auf verschiedenen Realitäts- und Zeitebenen: ein faszinierendes Puzzle, das nie zusammenpasst (Hiroshima, mon amour, 10. & 13. 8., 18 Uhr, L’année dernière à Marienbad, 9. 8., 17.30 Uhr, 10. 8., 16 Uhr).
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