Konflikt um Kaschmir und Jammu: Wenig Gegenwind für Modi
Die Zerschlagung des Staates Jammu und Kaschmir wird international als „innere Angelegenheit“ Indiens gesehen. Pakistan und China üben Kritik.
Unterstützung bekam die Regierung von Premierminister Narendra Modi dagegen aus Washington, das den Vorgang als „innere Angelegenheit Indiens“ bezeichnete. Besorgt äußerte sich der Sprecher des US-Außenministeriums, Morgtan Ortagus, aber über „Berichte von Verhaftungen“ in Kaschmir. „Wir drängen darauf, die individuellen Rechte zu respektieren und mit den betroffenen Bevölkerungsruppen zu diskutieren“, sagte er.
Der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Delhi, Ahmad al-Banna, sagte, es sei „nicht ungewöhnlich in der Geschichte Indiens“, dass Staaten „reorganisiert“ werden, um „regionale Disparitäten abzubauen“ und „die Effektivität zu erhöhen“. Sri Lankas Premierminister Ranil Wickremesinghe betonte, er begrüße, dass Ladakh mit 70 Prozent Buddhisten nun der erste indische „Staat mit einer buddhistischen Mehrheit“ werde. Dabei wird Ladakh „nur“ ein Unionsterritorium, das von Delhi aus regiert wird.
Damit könnte das Kalkül der hindunationalistischen Regierung aufgehen, die am Montag im Handstreich Fakten geschaffen hat. Zu Hause wird der Schritt mehrheitlich als „historische Entscheidung“ gefeiert. Modi und sein Innenminister Amit Shah werden außer in Kaschmir, wo eine Ausgangs- und Informationssperre verhängt wurde, für ihren Mut gefeiert, eine „historische Ungerechtigkeit“ zu korrigieren.
China erhebt Anspruch auf eine Region
Nicht einmal die oppositionelle Kongress-Partei steht geeint gegen die regierende Bharatiya Janata Party (BJP). Einige kleinere Oppositionsparteien, die sonst mit Kritik nicht sparen, haben die BJP jetzt sogar ausdrücklich unterstützt. Kurzfristig bleibt somit als einzige Hürde nur noch ein mögliches Urteil des obersten Gerichts gegen den Beschluss, denn Klagen gegen die angebliche Verfassungswidrigkeit des Verfahrens wurden bereits angekündigt.
Mittelfristig bleibt aber abzuwarten, wie China damit umgehen wird, dass die in Ladakh gelegene Region Aksai Chin, auf die es Anspruch erhebt und in seine Provinz Xinjiang eingliedern will, nun nicht mehr als „umstrittenes Territorium“ gelten soll, sondern als Teil Indiens. 1962 hatten Indien und China um Aksai Chin und den indischen Bundesstaat Arunachal Pradesh Krieg geführt. Beide Länder unterzeichneten 1993 und 1996 aber Abkommen, wonach sie die bestehenden Demarkationslinien akzeptierten.
Pakistan wird sicher den Fall vor die Vereinten Nationen bringen wollen – mit ungewissem Erfolg. Denn Modi hat in den letzten Jahren recht erfolgreich auch in der arabischen Welt, die tendenziell auf Pakistans Seite steht, Verbündete gesucht. Vermutlich bleiben Islamabad nur seine Bluthunde in Form der islamistischen Terrororganisationen, mit denen es seit jeher Indien das Leben in Kaschmir schwer macht. Pakistans Premierminister Imran Khan hat bereits gewarnt, Indiens „Arroganz“ werde zu einer „erhöhten Konfliktdynamik“ in der Region führen. Es bleibt abzuwarten, wie die Menschen in Kaschmir selbst darauf reagieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!