wie machen sie das?: Die Fahrrad-Beauftragte
Éva Ádám, 40, ist seit Anfang des Jahres Fahrradbeauftragte der Stadt Stuttgart. Schon als Studentin fuhr sie dort am liebsten Rad. Später arbeitete die gebürtige Ungarin als Verkehrsplanerin in der Schweiz.
taz am wochenende: Frau Ádám, Sie setzen sich für die Rechte von Fahrradfahrenden in Stuttgart ein – der Geburtsstadt des Automobils und Stammsitz von Daimler und Porsche. Wie machen Sie das?
Éva Ádám: Ohne ein bisschen Idealismus geht das nicht. Mein Team und ich arbeiten hartnäckig, sonst passiert wenig. Alleine können wir aber nichts erkämpfen und entscheiden. Prozesse und Abstimmungen zwischen Verwaltung und Politik brauchen Zeit.
Sind nicht alle CDU-Politiker Autobeauftragte?
Zuletzt waren wir positiv überrascht, dass einige CDU-Bezirksbeiräte sich anstelle von Parkplätzen für sichere und bessere Radwege ausgesprochen haben. Natürlich ist klar, welche Partei wofür steht. Aber auch innerparteilich gibt es Unterschiede.
Sehen Sie sich selbst als Fahrradaktivistin?
Nein. Dazu stehe ich auch. Ich fahre gerne Fahrrad, bin aber auch realistisch. Wir in der Stadtverwaltung kämpfen dafür, dass Radfahrer mehr Verkehrsfläche bekommen und dass sie als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer behandelt werden.
Das klingt nicht sehr zuversichtlich.
In einer Autostadt kann man von heute auf morgen nicht alles ändern. Es ist wichtig, dass es Aktivisten gibt und wir stehen im Austausch. Ich kann aber nicht täglich mit meinen direkten Mitarbeitern streiten. Die können auch nichts für die aktuelle Verkehrssituation.
Wie genau gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag?
Wir begleiten alle laufenden und geplanten Projekte zum Thema Radverkehr auf konzeptioneller Ebene und in der Absprache mit anderen Ämtern. Projektbezogen sind wir in den Bezirksbeiratssitzungen und Gemeinderatssitzungen dabei. Dazu kommt der Kontakt zu Bürgern, Aktivistengruppen, Öffentlichkeitsarbeit oder der Besuch von Seminaren.
Ist die Stadt fahrradfreundlicher geworden?
Auf jeden Fall. Ich war schon begeisterte Fahrradfahrerin, als ich 2003 nach Stuttgart kam. Ich kenne die Stadt noch ohne Schutzstreifen und ohne Fahrradstraßen. Heute gibt es eine bessere Infrastruktur: Es gibt zwei Fahrradstraßen, baulich getrennte und sichere Radwege, Radfahrstreifen und Schutzstreifen. Der große Teil der Einbahnstraßen ist für den Radverkehr freigegeben.
Wann ist Stuttgart eine Fahrradstadt?
Wir sind auf dem Weg. Unser Ziel ist es, bis 2030 den Anteil des Radverkehrs auf 25 Prozent zu erhöhen. Dafür müssen aber alle Parteien mitmachen. Das vor den Wahlen zu versprechen, ist schön, die Umsetzung eine andere Sache.
Interview: Simon Wörz
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