Das kommt: Bohmte will den Größten
Um den größten Binnenhafen Norddeutschlands geht es am Donnerstag in einem Normenkontrollverfahren vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Verhandelt wird der Bebauungsplan Nr. 99 „Hafen und Industriegebiet Mittellandkanal“ der 13.000-Einwohner-Gemeinde Bohmte nordöstlich von Osnabrück.
Der Bedarf, den die „Hafen Wittlager Land“ (HWL) angemeldet hat, ist mehr als fraglich: Die Umweltbelastung wäre immens und unter vielen Brücken, die den Mittellandkanal queren, passen moderne Containerschiffe vollbeladen gar nicht durch.
Aber Faktenvernunft scheint in Bohmte nicht zu zählen. „Das ist so, als wenn du einen Tiefwasserhafen an einen Mühlbach baust!“, sagt Martin Becker zornig, Sprecher der „Interessengemeinschaft Oelinger Hafen“, die das Bauprojekt verhindern will. „Hier werden öffentliche Gelder versenkt!“
Knapp 400 Meter von der geplanten Baustelle entfernt hat eine Klägerin ihr Haus. Käme der Containerhafen plus flankierende Industrie, fürchtet sie „unzumutbare Beeinflussungen durch Lärm und Licht“. Seit Mai 2017 wartet sie nun schon auf ihren Gerichtstermin.
Jetzt ist er da, aber es gibt eine Achillesferse. „Es geht um die Antragsbefugnis, und die hängt von der Bewertung der Entfernung des Wohnorts meiner Mandantin zum Emissionsort ab“, sagt Henning J. Bahr aus Osnabrück, der Anwalt der Klägerin. Folge der Senat seiner Auffassung, dass seine Mandantin persönlich betroffen ist, also antragsbefugt, stehe im Weiteren auch die Sinnhaftigkeit des Bauvorhabens selbst dem Prüfstand. Folgt der Senat dem Argument der Gemeinde, seine Mandantin wohne ja auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals, noch dazu ein bisschen vom Ufer weg, bleibe also unbeeinträchtigt, bleibe nur der Weg zum Bundesverwaltungsgericht. Wie eine offene Wasserfläche Lärm- und Lichtemissionen aufhalten soll? Bahr: „Das muss mir physikalisch mal jemand erklären …“
Für beide Seiten geht es also um viel. Der 18. Juli könnte den Anfang vom juristischen Ende des Hafens markieren. „Leider hat die Staatsanwaltschaft unsere Anzeige wegen Subventionsbetrug und Untreue nicht angenommen“, sagt Becker. Aber noch ist alles offen. Verliert Bohmte vor dem Oberverwaltungsgericht, sind die Karten neu gemischt.
Harff-Peter Schönherr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen