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„Kein Recht auf Subventionen im Osten“

Der Ökonom Joachim Ragnitz kritisiert, Konzerne hätten sich zu sehr an staatliche Hilfen gewöhnt. Investitionszulagen dürfe es nur noch im Einzelfall geben und auch nur noch für Neuansiedlungen, nicht aber für Fälle wie GlaxoSmithKline in Dresden

INTERVIEW ULRIKE HERRMANN

taz: Herr Ragnitz, GlaxoSmithKline macht Milliardengewinne – und wird für die Werkserweiterung in Dresden auch noch bis zu 26,4 Millionen Euro Subventionen erhalten. Ist das sinnvoll?

Joachim Ragnitz: Nein. Der Konzern gibt ja zu, dass die Subventionen nicht entscheidend waren, um Dresden auszubauen – sondern die Infrastruktur vor Ort. Das ist übrigens bei den meisten Werkserweiterungen so. Wir plädieren schon lange dafür, die Fördergesetze zu ändern.

Wie?

Man muss Mitnahme-Effekte vermeiden. Momentan kann sich jede Firma im Osten automatisch 12,5 Prozent ihrer Investitionskosten über die Steuern zurückholen – bei kleinen und mittleren Unternehmen sind es sogar 25 Prozent. Diese „Investitionszulage“ ist ein Rechtsanspruch. Hinzu kommen oft noch Subventionen im Rahmen der so genannten „Gemeinschaftsaufgabe“, so dass manche Firmen bis zu 50 Prozent ihrer Investitionskosten erstattet bekommen.

Sie wollen diese Subventionen streichen?

Nein, aber es darf keine Rechtsansprüche mehr geben, nur noch Einzelfallentscheidungen.

Die Millionen für GlaxoSmithKline beruhen teils auf einer Einzelfallentscheidung.

Die Unternehmen halten Subventionen inzwischen für selbstverständlich. Die Gewöhnungseffekte sind hier im Osten ganz schön verbreitet. Dagegen muss man angehen.

Sollte es nicht ein generelles Subventionsverbot für gewinnträchtige Konzerne geben?

Dem Osten fehlt es an Großunternehmen. Nur sie können Forschung und Entwicklung finanzieren und ein innovatives Umfeld schaffen. Aber man sollte nur Neuansiedlungen unterstützen – keine Werkserweiterungen. Die ergeben sich von selbst.

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