piwik no script img

DAS ENTSCHEIDENDE DETAILWillkommen in Uropa

CUT AND WASTE Wie das Symbol eines Vielvölkerstaates durch das Entfernen eines Buchstabens zur Faschistenkarre wird

Eigentlich heißt das Auto auf dem Bild natürlich Yugo. Und war die große Hoffnung der jugoslawischen Autoindustrie. Nach Jahrzehnten des Waffen- und Pkw-Lizenzbaus für Fiat warf die Firma Zastava (Fahne) aus Kragujevac/Serbien einen Kleinstwagen auf den Markt – in einer Schaltgetriebe-Version für Europa und als Automatik für die USA.

Leider interessierten sich trotz der TV-Spots, die bis heute unter ExjugoslawInnen Kultstatus haben, weder die Europäer (Golf) noch die Amerikaner (große Autos) besonders für den Wagen vom Balkan. Zwar war der Yugo 45 mit 3.990 US-Dollar extrem billig. Aber er litt an den Gebrechen, die Lenin einst „Kinderkrankheiten des Kommunismus“ nannte: fehlender Komfort plus mangelnde Verlässlichkeit.

Im Herkunftsland dagegen griff man angesichts weniger Alternativen und vieler Ersatzteile zu. Daher sieht man den Yugo, der bis 2008 gebaut wurde, in Exjugoslawien bis heute häufig.

In Kroatien allerdings ist „Jugoslavija“ seit dem Krieg 1991/92 für viele ein Schimpfwort. Dafür wurde der „Unabhängige Staat Kroatien“, den der Faschist Ante Pavelic 1941 mit Hitlers Segen gegründet hatte, recht populär.

Getreu dem großdeutschen Vorbild machte Pavelic das Symbol seiner „Ustascha“-Bewegung zum Symbol seines Staats – das U mit Granate und kroatischem Wappen. Damit war es nach dem Sieg der sozialistischen Partisanen 1945 zwar erst mal vorbei, doch 45 Jahre später suchten die KroatInnen erneut eine nationale Identität. Einige wurden beim Ustascha-Staat fündig.

Durch einfaches Abkratzen lässt sich aus dem Yugo eine Faschistenkarre machen. Am 1. Juli 2012 soll Kroatien übrigens der EU beitreten. Willkommen in Uropa. RÜDIGER ROSSIG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen