Thailands Juntachef simuliert Demokratie: Junta kämpf um Machterhalt

Thailands Juntachef General Prayuth hat das politische System für seinen Machterhalt manipuliert. Doch hat er die Opposition unterschätzt.

Juntachef, General Prayuth Chan-o-cha, trickst wo er nur kann. Foto: Sakchai Lalit/afp

BANGKOK taz | Die Bildung von Koalitionen ist meist ein bizarres Schauspiel. Aber am Ende steht oft eine Vereinbarung über ein gemeinsames Regierungsprogramm. In Thailand geht es bei einer Koalition allein um eine Personalie: den Premierminister. Für die seit Mai 2014 regierende Militärjunta kommt dafür nur ihr Chef, General Prayut Chan-o-cha, in Frage.

Dumm nur, dass das Militär es in den fünf Jahren seines Regimes nicht geschafft hat, das Volk von den politischen Qualitäten der Junta zu überzeugen und das System so zu manipulieren, dass ein Sieg der Militärpartei bei der Parlamentswahl am 24. März 2019 ein Selbstläufer wurde. Dabei hatte man schon mit einer maßgeschneiderten Verfassung, der Unterdrückung von Kritikern, der Auflösung von Parteien und einer Zensur nachgeholfen.

Doch die Partei Pheu Thai der Anhänger des 2006 weggeputschten Premiers Thaksin Shinawatra wurde wie bei allen Wahlen seit 2001 mit 139 Sitzen die stärkste Fraktion. Die Militärpartei wurde zweite, gefolgt von der neuen Future Foward Partei. Die will Thailands Armee von der Politik zurück in die Kasernen schicken.

Erst auf den allerletzten Drücker vor der für deisen Mittwoch angesetzten Wahl des Premierministers durch das Repräsentantenhauses und die 250 von der Junta ernannten Senatoren war es dem Militärregime gelungen, die Demokratische Partei (DP) als Bastion des Establishments in die Pro-Regime-Allianz zu zwingen. Die DP hat es darauf zerrissen. Ihr Ex-Premierminister Abhisit Vejjajiva legte sein Abgeordnetenmandat nieder.

Die Junta bekämpft neue Partei

Die Pro-Militär-Allianz hat jetzt im Repräsentantenhaus 254 Stimmen, gerade mal acht mehr als die sieben Parteien der Anti-Junta-Koalition. Doch diese Mehrheit kam nur durch die nachträgliche Änderung des Auszählverfahrens der Wahl zustande, durch die elf Kleinstparteien mit je einem Sitz ins Parlament gehievt wurden. Zusammen mit den 250 militärnahen Senatoren reicht das für Prayuths Wahl.

Doch die Junta hatte nicht mit dem Wahlerfolg der Future Forward Partei des jungen, charismatischen Millionärs Thanathorn Juangroongruangkit gerechnet. Aus dem Stand heraus gewann die Partei mit dem klaren demokratischen Programm fünf Millionen Stimmen und damit 81 Sitze.

Juntachef Prayuth hält es nicht für nötig, im Parlament um Unterstützung zu werben

Seitdem schießt sich die Junta auf den Hoffnungsträger ein: Thanathorn sieht sich rund 20 Anklagen wegen diverser angeblicher Vergehen gegenüber und wurde sofort nach seiner Vereidigung als Abgeordneter wegen eines laufenden Verfahrens durch das Verfassungsgericht von seinem Mandat suspendiert.

Trotzdem kandidierte Thanathorn am Mittwoch für die prodemokratische Allianz für den Posten des Premierministers. Denn die Verfassung lässt dafür auch Nichtparlamentarier zu. Diese Option hatten die Generäle selbst erst eingeführt und jetzt damit dem einzigen Oppositionspolitiker, der dem Establishment aus Armee und der Elite in Bangkok gefährlich wird, eine Bühne geliefert.

Kaum jemand in Thailand kann sich vorstellen, wie Prayuth als Premier eine wackelige Koalition regieren kann. Jedes Demokratieverständnis geht dem auf Befehl und Gehorsam getrimmten Soldaten ab.

Das zeigte er auch am Mittwoch wieder, als er sich vor der Wahl zum Premierminister weigerte, dem Parlament seine geplante Politik persönlich zu erläutern. Er hielt es nicht einmal nötig zu erscheinen. Doch so entwickelte sich eine Debatte über ihn.

Offene und einzelne Abstimmung zur Kontrolle

Bis Redaktionsschluss gab es noch kein Abstimmungsergebnis. Da aber alle Abgeordneten aus Repräsentantenhaus und Senat einzeln und offen abstimmen müssen, dürfte Prayuth Premier bleiben. Denn das Militär würde sofort merken, welche seine Leute nicht ihre „Pflicht“ erfüllen.

Die Nagelprobe könnte schon in wenigen Monaten bei der Beratung des neuen Haushalts kommen. Wirtschaftlich gerät Thailand durch den Handelskrieg China-USA und durch rückläufige Touristenzahlen in schweres Fahrwasser. Schon geht in Bangkoks Straßen die Furcht vor einem schnellen Zusammenbruch der Regierung um.

Ob es dann zu Neuwahlen, Unruhen oder einem weiteren Putsch kommt, hängt auch von König Maha Vajiralongkorn ab. Der hat sich durch eine Verfassungsänderung viel Macht gesichert. Wird der König dies zum Erhalt des Status quo nutzen? Oder mausert er sich zum thailändischen Juan Carlos und ebnet der Demokratie den Weg.

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