„Land des Lächelns“ ist nur Fassade: Thai-Dissidenten leben gefährlich

In Thailand kommt es kaum noch zu den berüchtigten Klagen wegen Majestätsbeleidigung. Dafür gibt es immer mehr Entführungen von Juntakritikern.

Der thailändische Aktivist Surachai Danwattananusorn

Nach Laos geflohen, mutmaßlich entführt und höchstwahrscheinlich tot: Surachai Danwattananusorn Foto: reuters

BERLIN taz | Bislang fehlt von den dreien jede Spur: Die thailändischen Dissidenten Chucheep Chivasut, Siam Theerawut und Kritsana Thapthai wurden zwischen Jahresbeginn und April mutmaßlich in Vietnam verhaftet und laut der in den USA ansässigen „Thai Alliance for Human Rights“ vor wenigen Tagen heimlich an ihr Heimatland ausgeliefert. Demnach warfen Vietnams Behörden ihnen den Besitz gefälschter Dokumente und illegalen Grenzübertritt vor.

Die Aktivisten, die sich auf der Flucht vor dem Militärregime in Bangkok befanden, sollen schon lange im Visier der Autoritäten gestanden haben. Während Familien und Menschenrechtler Aufklärung von Thailands Polizei und Behörden fordern, behauptete unter anderem Vize-Juntachef Prawit Wongsuwan laut thailändischen Medien, er habe darüber keine Kenntnis. Dabei hatte er im September 2018 selbst geschworen, alle „Verräter“ und „Geächteten“ festnehmen zu lassen.

„Die mutmaßlich geheime und erzwungene Überstellung der drei prominenten Aktivisten durch Vietnam nach Thailand sollte die internationale Gemeinschaft alarmieren“, fordert Brad Adams, Asienchef von Human Rights Watch.

Gemutmaßt wird, dass die drei nach Vietnam flohen, nachdem Ende 2018 Meldungen die Runde machten über Morde an Dissidenten, die sich nach dem Militärputsch vom Mai 2014 nach Laos abgesetzt hatten.

Gewaltkampagne gegen Kritiker?

Die drei prangerten aus dem Exil die Zustände in Thailand an und forderten teils offen eine Republik. Doch womöglich sind diese Verbrechen auch Teil einer systematischen Gewaltkampagne, die sich gegen Kritiker der Monarchie und das Militärregimes richtet.

So waren im Dezember 2018 am Ufer des Mekong die Leichen von Kraidej Luelert and Chatchan Buphawan angeschwemmt worden. Ihre verwesenden Körper waren an Händen und Füßen gefesselt, ausgeweidet und mit Beton beschwert worden.

Beide galten als enge Unterstützer des prominenten Anti-Monarchie-Aktivisten Surachai Danwattananusorn. Der gilt inzwischen auch als tot. Zuvor waren 2016 und 2017 weitere Dissidenten verschleppt worden.

Prekäre Lage der Menschenrechte

Verbrechen wie diese zeigen erneut, dass hinter der sanftmütigen Fassade des als „Land des Lächelns“ verkannten Urlaubsziels Thailand Gewalt und Grauen herrschen. Vor allem nach dem Putsch 2014 war die Anzahl von Klagen wegen Majestätsbeleidigung (Lese Majeste), die pro Anklagepunkt bis zu 15 Jahre Haft einbringen können, in die Höhe geschossen.

Nach Angaben der Betreiber des regimekritischen Blogs „Political Prisoners in Thailand“ wurden zwar 2018 – offiziell jedenfalls – keine neuen Lese-Majeste-Fälle bekannt. Das änderte aber nichts an der prekären Menschenrechtslage. Denn das Gesetz gegen Majestätsbeleidigung ist weiter in Kraft wie auch das gegen „Aufwiegelung“ und gegen „Computerkriminalität“. Die Gesetze werden missbraucht, um Regimekritiker mundtot zu machen.

Für Kritiker wie die Organisation „Political Prisoners in Thailand“ steht fest: „Seit König Vajiralongkorn den Thron bestiegen hat, sind die Fälle von Lese Majeste praktisch verschwunden. Stattdessen wurden Morde und Entführungen offenbar dazu benutzt, um aus Thailand geflohene Kritiker zum Schweigen zu bringen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.