: Schutz für ein Denkmal der Roten Armee
Ein russischer Soldat aus Bronze, im August 1945 in Wien aufgestellt, wird immer wieder mit Farbe attackiert
Von Ralf Leonhard
Fantasievoll waren sie nicht, die unbekannten Vandalen, die immer wieder den Sockel des Denkmals auf dem Wiener Schwarzenbergplatz mit roter oder schwarzer Farbe verschmutzten. Auf einen nächtens in wechselnden Farben beleuchteten Brunnen blickt die zwölf Meter hohe Bronzeskulptur eines sowjetischen Soldaten. Sie steht auf einem 20 Meter hohen Sockel und dominiert den länglichen Platz, der vom Unteren Belvedere bis zur Ringstraße reicht. Nach dem jüngsten Farbattentat habe man Videokameras installiert, teilte die Polizei Anfang Mai mit.
Sie reagierte damit auf wiederholte Protestnoten der russischen Botschaft an das österreichische Außenministerium. So im Januar, als nach einem „himmelschreienden Vandalismusakt“ seitens der Botschaft „dringende Maßnahmen zur Beseitigung des entstandenen Schadens, zur Ausforschung und Bestrafung der Schuldigen gemäß der österreichischen Gesetzgebung und zur zukünftigen Verhinderung von solchen Vorfällen“ gefordert wurden. Die Republik Österreich ist laut Artikel 19 des Staatsvertrags von 1955 verpflichtet, dieses Denkmal und andere Monumente der Weltkriegs-Alliierten bestmöglich zu schützen.
Während im ehemaligen Sowjetreich nach dem Zerfall der kommunistischen Herrschaft die Helden der Oktoberrevolution von den Sockeln gestoßen wurden, muss der Kult der Sowjetheroen in Österreich gepflegt werden. So ist Wien die einzige Stadt im Westen, wo heute noch eine Plakette an Josef Stalin erinnert. Das Bronzerelief markiert das Haus, in dem der damals noch unbekannte Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili 1913 die Abhandlung „Marxismus und nationale Frage“ verfasste. Obwohl nur wenige Schritte vom Tourismusmagneten Schönbrunn gelegen, ist die Plakette nur Insidern bekannt.
Das im Volksmund schlicht „Russendenkmal“ genannte Monument für die Rote Armee ist hingegen kaum zu übersehen. Es wurde unter Heranziehung von Kriegsgefangenen gebaut und bereits im August 1945, also kaum vier Monate nach der Befreiung Wiens von der Nazi-Herrschaft, eingeweiht. Es sollte nicht nur die vielen Opfer der Roten Armee ehren, sondern auch die Effizienz der Sowjets unter Beweis stellen. In der Frühzeit des Kalten Krieges war es wiederholt Ziel weit gefährlicherer Anschläge als heute. 1948, als Wien noch von den Alliierten besetzt war und der Schwarzenbergplatz Stalinplatz hieß, wurden zwei ehemalige HJ-Mitglieder für ein vereiteltes Sprengstoffattentat zu drei und fünf Jahren Haft verurteilt. Und 1958 entschärfte die Polizei eine „Höllenmaschine“, die von italienischen Neofaschisten hinter dem Sockel deponiert worden war.
Videoüberwachung hat es damals nicht gegeben. Bis zuletzt war sie rechtlich umstritten. Dank der jüngsten Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes, so ein Polizeisprecher gegenüber der Presse, sei sie aber nunmehr möglich. Die Kamera zeichnet laufend auf. Wenn nichts passiert, werden die Bilder nach 48 Stunden gelöscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen